Es begann alles mit einem Satz während eines TV Interviews – nach einer Niederlage des FC Augsburg bei Borussia Mönchengladbach am 26. Januar 2019: „Ich kann nichts Positives über ihn sagen und will auch nichts Negatives sagen.“ Gesprochen hat ihn Martin Hinteregger, gemeint war der damalige Trainer des FCA, Maunel Baum. Sieben Tage später stand Hinteregger gegen Dortmund auf dem Platz. Im Trikot des frisch gebackenen DFB-Pokalsiegers Eintracht Frankfurt.
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Beves Eintrachtwelt
Als wir am nächsten Morgen erwachten, waren wir immer noch Europacup-Sieger. Aber im Gegensatz zum Pokalsieg 2018 schwebten wir nicht durch die Stadt, im Gegenteil: Eine seltsame Schwere hatte uns befallen. Die ersten Bilder und Videos trudelten ein, die Begeisterung schien keine Grenzen zu kennen. Die Kanäle quollen über von Lobeshymnen, die Texte und Bilder überschlugen sich mit sentimentalen Emotionen und ich hatte den Eindruck, dies alles habe mit mir nichts zu tun. Mein weißes Eintracht Trikot hängte ich auf die Wäscheleine und zog es dann trotzig an. Weiß, ohne Werbung. Grabowski 1975.
Es versprach ein heißer Tag zu werden. Der 18. Mai 2022, der Tag des Endspiels um den Europacup. Sevilla erwachte. Ich saß mit einem Tee in der Hand auf der Dachterrasse und war mir der historischen Chance bewusst. Dennoch war da etwas, dass mich diesen Gedanken nicht wirklich begreifen ließ. Die Realität und meine Seinswahrnehmung liefen asynchron. Der Gedanke, dass die Eintracht tatsächlich den Uefa-Cup holen kann, schien in meiner Welt zu absurd.
Kaum waren wir in Fuseta angekommen, mussten wir auch schon wieder los. Wir ließen den größten Teil unserer Habseligkeiten in der Unterkunft und spazierten mit leichten Gepäck in Richtung Bahnhof. Kein Wölkchen trübte den klarblauen Himmel, die Station Fuseta – Montcarapacho lag wie gemalt im Morgenlicht.
„Campeones, Campeones, Campeones SGE“. Leise diese eigentlich unglaublichen Worte murmelnd, laufe ich durch den überschaubaren Flughafen in Faro, Portugal. Hinter uns liegt eine abwechslungsreiche Woche. Eine Woche, in der Eintracht Frankfurt zum zweiten Mal in der Historie den Europacup holen sollte. Wir waren wieder einmal unterwegs – und dies hier ist unsere Geschichte. Eine Geschichte voll Höhen, aber auch Tiefen, die hier nicht verschwiegen werden sollen.
Vielleicht begann alles mit der Buchung eines Hotelzimmers in London, als nach der Auslosung klar war, dass die Eintracht im Halbfinale des Europacups womöglich auf West Ham trifft. Beinahe wäre auch noch ein Flug dazu gekommen, aber dann fiel uns noch rechtzeitig auf, dass wir eventuell ja auch in Lyon spielen könnten. Also ließen wir es. Letztlich kam eh alles ganz anders als geplant. Davon erzählt diese Geschichte.
Dass ich am Morgen nach dem Spiel nicht taufrisch war, liegt auf der Hand, ich brachte zunächst kein Wort raus. Und das Erlebte war wirklich wahr. Pia konnte es bestätigen: FC Barcelona vs Eintracht Frankfurt 2:3. Auswärtssieg. Halbfinale. London.
Und dann war er gekommen, der Tag auf den alle Eintrachtler seit Wochen fixiert waren, der Tag, an dem die Eintracht Geschichte schreiben würde. Das 1:1 im Hinspiel gegen den großen FC Barcelona barg in sich das Versprechen auf eine magische Nacht im Camp Nou.
Für die folgenden Tage verkündete die Wettervorhersage zunehmende Feuchtigkeit – und sie sollte Recht behalten. Doch trotz der vielen Kilometer, die wir gestern durch Barcelona marschiert sind, schälten wir uns aus den Betten und standen schon früh wieder auf der Straße, die sich zu jeder Tages- und Nachtzeit anders präsentierte. Der Himmel drückte grau am zweiten Tag.
Wir laufen den sonnigen Weg von der S-Bahn Haltestelle Stadion hoch zur Wintersporthalle, es ist Ostersonntag, die Parkplätze sind wegen der Osterurlauber, die ihren Wagen hier ob des nahen Flughafens geparkt haben, nahezu alle belegt. Nicht jeder Rückkehrer wird sich freuen. An zwei sündhaft teuren Mercedes fehlen die Scheinwerfer. Geklaut.
Vielleicht begann alles auf der Müllkippe in Mömlingen. Dort verbrachte ich die Wochenenden und Ferien meiner Kindheit. Also nicht auf der Müllkippe, sondern in Mömlingen, dem Geburtsort meiner Mutter. Meine engsten Freunde dort nannten mich beim Namen, für die anderen war ich: „Der Frankfurter“. Das war okay. Auch wenn ich die letzten beiden Jahre schon in Dietzenbach wohnte.