Ein Sammelsurium aus dem angebrochenen Leben

Die Amateure der Frankfurter Eintracht – Teil III

Es folgt der dritte Teil der Geschichte der Eintracht Amateure.

Namen, Namen, Namen

Und wer hat nicht alles für die Amateure gekickt? Vorwiegend natürlich junge Spieler, die den Sprung in den Profikader schaffen wollten, entweder aus der eigenen Jugend kommend oder aber aus dem Umland. Und von Zeit zu Zeit auch Rekonvaleszenten, die nach längerer Verletzungspause wieder Spielpraxis benötigten. Einer der blutjungen Spieler aus dem Umland war ein gewisser Bernd Hölzenbein, ausgestattet mit einem Riesentalent und löchrigem Selbstbewusstsein. Noch heute spricht Holz davon, wie großartig der Bernd Nickel einst gewesen sei, während er selbst sich den Sprung zu den Profis gar nicht zugetraut habe. Immerhin hatte er es bereits in seinem zweiten Jahr in Frankfurt auf das Mannschaftsbild der Profis geschafft und später eine der glanzvollsten Karrieren der Geschichte der Eintracht hingezaubert. Genau wie Bernd Nickel, der auch am Riederwald seine ersten Eintracht Meriten verdient hatte.

Es sind schon illustre Namen, die im Laufe der Jahre für die Amateure aufgelaufen sind oder diese trainiert hatten; Deutsche Meister sind dabei, Pokalsieger, Uefa-Cup-Sieger und sogar Weltmeister; neben Bernd Hölzenbein holte auch Thomas Berthold den WM-Titel. Mit Jermaine Jones und Timothy Chandler waren sogar aktuelle Nationalspieler bei der WM in Brasilien dabei. Allerdings nicht für Deutschland, beide hatten sich für das Nationaltrikot der USA entschieden. Dies hätte Sebastian Jung nie getan, aber immerhin gibt es seit langen Jahren wieder einen deutschen Nationalspieler, der dem Riederwald entwachsen ist. Zuletzt sorgte ja Hassan Amin für Schlagzeilen, der für Afghanistan spielte, genau wie fünf Jahre zuvor Milad Salem. Und der von Michael Skibbe verschmähte Cenk Tosun schnürt nun seine Stiefel für die Türkei. Zweifacher Nationalspieler war auch Peter Reichel, DFB-Pokals-Sieger mit der Eintracht 1974 und 1975, der sich nach über 200 Bundesligaspielen im Jahr 1978 reamateurisieren ließ und fortan zweigleisig fuhr: Als Fußballer der Amateure und als Lehrer.

Manfred Binz, Ronny Borchers, Jay Jay Okocha – auch dies sind Namen, die international einen guten Klang haben, auch sie sind vor ihrer Zeit bei großen Proficlubs für die kleine Eintracht am Ball gewesen. Ein anderer wurde zwar nicht Nationalspieler, schaffte aber mit der Eintracht etwas, was ihn zum Helden auf ewig aufstiegen ließ. Als beim Rückspiel der Uefa-Cup Finalspiele 1980 nur noch wenige Minuten zu spielen waren, zimmerte ein junger Mann die Kugel zum entscheidenden Treffer ins Netz – die Eintracht war Uefa-Cup-Sieger, der Torschütze aber hieß Fred Schaub, der nur wenige Minuten zuvor eingewechselt wurde. Übrigens für Norbert Nachtweih, der 1977 nach seiner Flucht aus der DDR gemeinsam mit Jürgen Pahl für die Bundesliga gesperrt war und sich deshalb bei den Amateuren fit hielt.

Ein weiterer Aspekt für Einsätze in der zweiten Mannschaft war die Rekonvaleszenz verletzter Profis, die wieder zu Spielpraxis kommen sollten. Großes Medienecho fand der Einsatz von Chris, aber auch Stefan Lexa kickte ebenso für die Amateure wie Alexander Schur nach seinem Beinbruch. Und letztlich tragisch verlief die Karriere von Christoph Preuß, der sich kurz nach dem Fallrückzieher gegen die Bayern schwer verletzte und nach langer Reha endlich wieder Fußball spielen konnte. Verliefen die Einsätze bei den Amateuren noch hoffnungsvoll, so kam wenige Wochen später nach wenigen Einsatzminuten bei den Profis das endgültige Aus. Und nach großer Karriere halfen verdiente Recken wie Borchers, Binz oder Houbtchev noch einmal am Riederwald aus. Zu einer ganz besonderen Begegnung kam es beim Spiel gegen Eschborn. Die Eintrachtfans bejubelten in der Saison 2004/05 die Rückkehr von Uwe Bindewald – im Trikot des 1.FC Eschborn.

Auch trainiert wurde der Nachwuchs durchaus von klangvollen Namen. Der letzte Trainer war Alexander Schur, der einst auch am Riederwald gekickt – und diese Zeit erst neulich als die mit schönste seiner fußballerischen Karriere deklariert hatte. Mit Dieter Stinka und Hermann Höfer gaben sich waschechte Deutsche Meister die Ehre und mit Jürgen Sparwasser sogar ein Mann, der Fußballgeschichte allererster Güte geschrieben hat. Damals, 1974, als er bei der WM in Deutschland das einzige Tor beim 1:0 der DDR über die BRD erzielt hatte. 14 Jahre später trainierte er Uwe Bindewald. Und Petar Houbtchev spielte nicht nur im Herbst seiner Karriere für die Amateure, sondern trainierte diese auch recht erfolgreich. 1994 war er aber mit anderen Dingen beschäftigt. Da musste er im Viertelfinale mit Bulgarien die deutsche Elf aus dem WM-Turnier kegeln. Auf deutscher Seite damals: Thomas Berthold. Und Andy Möller, der hat aber nur in der Jugend und bei den Profis der Eintracht gespielt. Weitere verdiente Eintrachtler trainierten die Amateure, Ernst Kudrass zum Beispiel, in den Fünfzigern zum Stammpersonal der ersten Mannschaft gehörend oder Ramon Berndroth, der zuvor selbst am Riederwald bei den Amateuren aufgelaufen ist, genau wie Oscar Corrochano.

Letztlich stand bei den Amateuren all die Jahre die gleiche Maxime im Vordergrund: Ausbildung für die Profis. Von daher wechselte die Mannschaft häufig ihr Personal. Aber einige Spieler haben über Jahre hinweg das Gesicht der zweiten Mannschaft geprägt. Dies waren meist Akteure, die zwar zu keinen Einsätzen im Profikader kamen, aber den jungen Hüpfern im Team Stabilität verleihen sollten. Seit dem Aufstieg in die Hessenliga im Jahr 1969 ist die Datenlage ausgezeichnet. So ist Detlef Lange mit 204 Einsätzen zwischen 1974 und 1982 Rekordspieler seit jener Zeit. Immerhin 202 Spiele absolvierte Jens Paetzold zwischen 1999 und 2006. Beide kamen allerdings nie in der Bundesliga zum Einsatz. An dritter Stelle steht mit Sven Schmitt ein Torhüter, der in 177 Spielen zwischen 1995 und 2003 versuchte, den Kasten sauber zu halten, und es dazu auf drei Einsätze in der zweiten Liga und sogar zwei in der Bundesliga gebracht hatte. Mit 167 resp. 159 Einsätzen halten Rudi Doppel und Michael „Öri“ Gabriel die Ränge vier und fünf, die Bundesliga aber sahen auch sie nur als Zuschauer.

Ganz anders als Christian Peukert, der mit seinen 73 Treffern Rekordtorschütze der Amateure geworden ist. Seine Zeit in der ersten Liga bemisst sich im Trikot der Frankfurter Eintracht zwar in Sekunden, diese aber waren hoch erfolgreich. Eingewechselt in der 90. Minute im Spiel gegen Bremen vier Tage vor dem Uefa-Cup-Rückspiel gegen Gladbach, erzielte er in der nächsten Sekunde den 3:2 Siegtreffer für die Eintracht. Ein Tor pro Minute, das hat noch nicht einmal Tony Yeboah geschafft. Der hat aber auch am Riederwald nur trainiert.

Hier geht zu den anderen Beiträgen

Die Einleitung

Teil I

Teil II

2 Kommentare

  1. fg-sge

    Viele klangvolle Namen Beve, aber Fred Schaub ist tragisch !

    • Beve

      Ja, viel zu früh gestorben, der Gute. Nicht der einzige …

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