Ein paar Dinge von früher habe ich aufgehoben, vieles jedoch ist auf dem Müllhaufen der Geschichte gelandet. Manches vermisse ich, das meiste habe ich allerdings vergessen. In den aufgehobenen Dingen bündelt sich Zeit, darin eingewoben Erinnerungen. Erinnerungen an eine Kindheit, die nicht immer glücklich war. Warum habe ich in Ansätzen erst viel später begriffen. Glücklich war ich manchmal. Auch im Jahr 1970. Ich hatte schwimmen gelernt.

Autos hatten von klein auf eine große Bedeutung für mich. Anhand der Nummernschilder lernte ich lesen. Mit vier. In unsere Straße parkten häufig Wagen mit grünen Kennzeichen. Es waren „die Amis“. Ein abstraktes Faszinosum. Anhand der Motorengeräusche konnte ich erkennen, welches Auto um die Ecke bog. Käfer, Kadett, Mercedes Diesel. Ich sammelte Bildchen von Autos, sorgfälig eingeklebt in mein Album, Auto Parade, Americana. Natürlich habe ich es nie voll bekommen, und irgendwann ist es im Müll gelandet, oft hatte ich daran gedacht. In meiner Schultüte steckten einige Tütchen mit Bildern, es war das beste an der Einschulung. Für ein paar Euro besorgte ich mir vor ein paar Jahren ein altes Exemplar, ebenfalls nicht vollständig. Auch an mein altes Quartett, ebenfalls verschwunden, dachte ich oft. Als ich das gleiche vor etlichen Jahren auf einem Flohmarkt entdeckte, war ich kurzzeitig glücklich. Aber es strahlt nicht die Aura der eigenen Geschichte, wurde nicht von meinen Händen durchgespielt. Aber immerhin ein Trigger. Vier Zylinder, Stich.

Das Wort „Matchboxauto“ besitzt für mich noch immer eine magische Bedeutung. Ganz groß waren die neueren Modelle, mit den leicht gefederten Kunsstoffreifen. Die alten Reifen waren noch aus Metall. Natürlich hatte ich nie eine Carrerabahn, in meinem Besitz befand sich ein kurvige Bahn aus zusammen gesteckten Kunsstoffschienen. Mit einem batteriebetriebenen Aufzug fuhren die Autos in die Höhe und sausten dann durch das wacklige Gestell nach unten Kreis. Es waren schwere Batterien drin, die alle naslang leer waren. Dann mussten die Autos von Hand eingesetzt werden. Peu a peu brachen die Halterungen der Bahn, eine zeitlang spielte ich noch springen, baute die Bahn so, dass die Autos am Ende durch mein Zimmer flogen – und ich wusste damals, welche Wagen gute Springer waren und welche nicht.

1970 lernte ich schwimmen – noch bevor ich in die Schule kam. Zur Belohnung nach bestandener Prüfung lief ich mit meiner Mutter durch Frankfurt und durfte mir ein Matchboxauto aussuchen. Ich wählte einen Mini Cooper. Es war ein glücklicher Moment. Ob er ein guter Springer war, habe ich vergessen. Aber ich besitze ihn heute noch. Und vielleicht ist er auch das letzte, was ich im Zweifel weggeben würde.