Ein Sammelsurium aus dem angebrochenen Leben

Heimspiel in Fürth – Net Uffresche – Tour 2011

Noch am Abend zuvor erklärte ich präzise, weshalb ich nicht zum ersten Saisonspiel nach Fürth fahren werde, bloß um keine zwölf Stunden später zu wissen: alles gesagte ist Makulatur. Nicht, dass ich nach den Ereignissen der letzten Monate das dringende Bedürfnis verspürt hätte, die Eintracht sehen zu müssen; vielmehr zog uns die Lust auf einen Ausflug auf die Straße. Das Wetter versprach Wärme, was will man dann zuhause? Da wir noch keine Karten in der Tasche hatten, waren wir sogar darauf gefasst, das Spiel in einer Fürther Kneipe zu gucken – doch soweit sollte es nicht kommen; die Klippenadler hatten noch zwei Tickets übrig, die Ina freundlicher Weise für uns organisierte.

Da waren wir also wieder unterwegs;  Pia, der silberne Golf und ich; bewacht von einer Badeente und einem Schutzengelschlumpf, der seit Neuestem auf dem Armaturenbrett klebt. Goldene Zeiten der Kindheit.

So recht wollte es zunächst nicht voran gehen,so dass wir uns schon früh entschlossen, weitestgehend auf der B8 zu fahren, um die Staus auf der A3 zu umgehen. In Aschaffenburg versuchten wir zunächst unser Glück, doch schon nach wenigen Metern stauten sich die Fahrzeuge, auf dass wir zurück auf die Autobahn fuhren – erneutes Stop & Go (Net Uffresche). Da im Grunde klar war, dass die Melange zwischen Urlaubs- und Feierabendverkehr uns zu Geduld nötigen würde, stellten wir die Fahrt fortan unter das Motto: Net Uffresche. Also wieder runter und dann gelassen bis Marktheidenfeld auf der Landstraße entlang getuckert.. The National begleiteten uns ebenso wie Heather Nova, die Foo Fighters oder die Walkabouts als wir durch den Spessart und Mainfranken rollten. In Marktheidenfeld war Schluss mit Rollen (Net Uffresche), also drehten wir und fuhren zurück auf die A3. Zu behaupten, es ginge nun zügig wäre glatt gelogen (Net Uffresche); Würzburg wollte erobert werden – erst ab Biebelsried zog uns die B8 wieder in den Bann – und wir spulten gemächlich Kilometer um Kilometer ab. Ließen Kitzingen oder Neustadt an der Aisch hinter uns. Hilfreich ist in solchen Fällen eine Straßenkarte; das im Handy integrierte Navi wollte uns in schöner Regelmäßigkeit auf die Autobahn schicken, während wir jedoch auf der B8 bleiben wollten; dies führte zu manch unschönem Zwiegespräch mit dem mobilen Telefon (Net Uffresche), das allerdings in Fürth selbst gute Dienste leistete. Eben noch telefoniert, fungierte der kleine Gesell jetzt schon als Stadtplan und wir parkten am Rande des Stadtparks – exakt 1,6 km entfernt von der … Trolli-Arena. Zweite Liga, wir sind da.

Es war ein warmer, sonniger Tag; wir wanderten durch den Park, der nicht wirklich übervölkert war und entdeckten nur wenig später ein Hinweisschild des Biergarten eines Kleingartenvereins – wie gerufen für uns. Nur wenige Schritte später kehrten wir ein, orderten Radler, Käsebrot und fränkische Würstel auf Kraut und schmausten im Schatten der Ahornbäume bei fröhlichem Bier vom Land. Mit Dank und guten Wünschen verabschiedeten wir uns und marschierten in Richtung Stadion – und nur wenige taten es uns gleich. Einige Hundert Meter vor der Arena versperrten Gitter den Weg, die hiesige Polizei achtete darauf, ausschließlich Frankfurter durch zu lassen. Und schon trafen wir die ersten bekannten Gesichter, Gude hier, Servus dort und wir erfuhren, dass das Erstrunden-Pokalspiel gegen Halle nun doch in Halle stattfinden soll (Net Uffresche) – naja ausgelassen war die Stimmung nicht wirklich. Ein Bus nach dem nächsten rollte ein, Sossenheim, Fechenheim, Geiselgangster, Per Sempre –  es war was los in Fürth und die Frankfurter realisierten, dass die Eintracht nun in der zweiten Liga kickt.

Vor dem Eingang stauten sich die Eintrachtler (Net Uffresche), unsere Karten aber verwiesen auf einen anderen Eingang – nur wenige Meter daneben und siehe da:  es stand kein Mensch vor dem Einlass. Ich schob meine Karte in das Lesegerät und spazierte auf das Gelände, niemand behelligte mich, während Pia einen kurzen Blick in die Tasche gestattete.

Nun mussten wir das Stadion umrunden, was angesichts der Größe kein sonderliches Problem darstellen sollte. Unterwegs begegneten uns Hans Meyer sowie zwei dämliche Maskottchen; wir hörten den Stadionsprecher, dessen Verbundenheit zur Stadt schon an der Sprache zu erkennen war und gelangten ohne Zwischenfälle auf unsere Sitzplätze auf der Gegengerade an der Ecke zur Gästekurve, die voller Gäste war. Gegenüber thronte die alte Haupttribüne, ein Loch und die Aquarien der ViP-Logen und die Heimkurve; hinter dieser wiederum versank die Sonne und tauchte den Himmel in ein bezauberndes Licht – ein seltsames Stadion fürwahr.

Kaum hatten wir Platz genommen, erlebten wir den Anpfiff des ersten Zweitliga-Spiels seit jenem 3:0 gegen Burghausen im Jahre 2004 2005, was uns den Aufstieg und die deprimierende Nacht in Sachsenhausen beschert hatte.

Die Eintracht in den Absteigertrikots der vergangenen Saison begann mit Kessler im Tor, dazu gesellten sich mit Schildenfeld, Djakpa, Lehmann, und Hoffer insgesamt gleich fünf Neuzugänge; von den Tasmanen standen noch Jung, Russ, Rode, Meier, Caio und Neukapitän Schwegler auf dem Platz. Fürth begann in neuen grünen Leibchen und dazu recht schwungvoll. Die Anzeigetafel präsentierte jeden Scheiß (Net Uffresche) und vor allem den Führungstreffer des Kleebladds wie der muntere Fran-ge am Migrofon kund dad. Grisdoffä Nööde heißt der gute Mann – der kurz vor der Halbzeit noch ein weiteres Mal treffen sollte. Eintrachttorhüter Kessler verlor den Luftkampf mit dem eigenen Mann und schon schien der Drops gelutscht. 0:2 aus Sicht der Eintracht. Völlig verdient dazu. Die Eintrachtkurve, die mich während der vergangenen 45 Minuten mit einem Potpourri aus dem Repertoire feat. einem neuem Lied, dessen Text ich nicht verstand und auch nicht verstehen wollte, gequält hatte, verstummte. Ehrlich, mittlerweile habe ich mir eine ausgewachsene Allergie gegen diese Form des Anfeuerns wie es früher hieß eingefangen, aber gut – ich bin ein älterer Herr, die Jugend sieht dies anders. Die singt dann auch freudig: Oh SG Eintracht Frankfurt, für dich schla-gen wir alles kurz und klein. Keine Ahnung wie dies der zweifache Torschütze des Finales um die Deutsche Meisterschaft, Ekko Feigenspan, sieht, auf jeden Fall saß er vor uns. Toll.

In der Halbzeitpause guckten wir uns ein wenig hinter der Gegentribüne um, finstere Pausenmusik schmetterte aus den Lautsprechern, ansonsten versank die Sonne unaufgeregt im Westen.

Die zweite Hälfte brachte zunächst einen Pfostenschuss der Fürther, dann folgte ein wenig dummgucken bis Meier aus dem Nichts den Anschlusstreffer erzielte. Um mich herum brandete Jubel auf, ich ballte die Faust und wartete auf den zweiten Treffer. Die Kurve hatte ihre Sprache wieder gefunden, ich nahm es mannhaft hin (Net Uffresche) – bis Meier mit seinem zweiten Treffer den Ausgleich erzielte. Um mich herum brandete Jubel auf; ich ballte die Faust und wartete auf den dritten Treffer.

Fürth erschien phasenweise wuseliger, während die Eintracht das ein oder andere Mal vorwiegend bei Offensivaktionen aufblitzen ließ,weshalb ich 34 Siege erwarte. Nicht mehr – aber auch nicht weniger.

Kurz vor Schluss war es dann der eingewechselte Matmour, der bei seinem ersten Pflichtspieleinsatz für die Eintracht gleich einen Treffer erzielte – und so verkündete die Anzeigetafel urplötzlich ein 2:3. Um mich herum brandete Jubel auf; ich ballte die Faust und warte nun auf den nächsten Sieg. Im Ernst, ich nehme diese Saison Siege als schlichte Selbstverständlichkeiten hin – und ob selbst dies die Wunden der Tasmanensaison zu heilen vermag, bleibt fraglich.

Aus der Kurve wurde nun im wahrsten Sinne des Wortes angefeuert, ein kleines ironisches Zitat zu den Vorfällen der vergangenen Saison, zudem wurde noch Gekas eingewechselt, dann war das Spiel aus. Mindestens Meier und Hoffer verschenkten ihre Trikots, Djakpa freute sich mächtig und herzte den Adler, die Fürther guckten bedröppelt und wir zogen von dannen.

Zurück ging es durch den Stadtpark, ein voller Mond leuchtete uns den Weg und alsbald erreichten wir den silbernen Golf. Zurück ging es über die B8, die Scanners begleiteten uns, die bei Biebelsried auf die A3 rollten und dort von Baustelle zu Baustelle hoppelten (Net Uffresche), bis wir zu später Stunde müde aber siegreich in Frankfurt einrollten. Dort nahmen wir zur Kenntnis, das Marco Russ sein letztes Spiel für die Eintracht absolviert hatte, er wird fortan die Namen seiner Hunde in Wolfsburg auf den Körper tätowieren lassen. (Net Uffresche).

So war es ein freundlicher Ausflug mit leckeren Bratwürsten, alten Bekannten und Flutlichtmasten.

22 Kommentare

  1. Schnellinger

    Beve, lass mich bitte ned uffgrescht un dumm sterbe.
    Wer oder was ist ein „Trolli“? Der Nickname des betrunkenen „Architekten“, der den formschönen Logenklotz da in die Landschaft gepflanzt hat oder eine lokale Wurstsorte?

  2. Beve

    Trolli, das ist Haribo auf fränkisch :-)

  3. pia

    die frrran-gen. das rollende R fasziniert mich. drrrrrrrrrolli-arrrrena. einen besseren namen gibt es nicht. man verbindet das automatisch mit drollig und putzig. aber auch playmobilstadion hat gepasst, denn es wirkt irgendwie wie von kinderhand zusammengebaut.
    aber mir ist sowas lieber als so manche arena in der höchsten spielklasse. vielleicht muss man das jahr einfach genießen und hoffen, dass es nur bei einem jahr bleibt.
    ein jahr tapetenwechsel – positiv sehen – net uffresche :-)

  4. kreuzbuerger

    nur so als kleine korimthische anmerkung: jene deprimierende nacht, an deren ende ich fußbodenkauernd in deinem wohnzimmer rumgelümmelt hab, war im jahre 2005. und das sagen ich trotz einigee erinnerungslücken ;)

  5. beve

    stimmt, das ende der saison war eindeutig 2005; trotz einiger erinnerungslücken :-)

    dank und gruß in die hauptstadt. net uffresche.

    beve

  6. owladler

    Ich möchte zwei Anekdoten beisteuern: Als ich gegen 14.00 Uhr in der Ecke einer Metzgerei in der kleinen Innenstadt von Fürth etwas zu Mittag aß, unterhielt sich die Inhaberin mit einer Kundin, die tatsächlich die „wilden Eintrachtfans“ thematisierte und fragte, was das wohl am Abend geben werde. Als die Inhaberin antwortete, das wäre ihr egal, da hätte sie sowieso schon zu, konnte ich aus meiner Ecke kontern: „Zu spät. Wir sind schon da“. Die Fürther Bedenken ließen sichtlich nach: „Ah so, des sin ja ganz normale Leut´.
    Nicht ganz normal eine zweite Begegnung: Auf meiner Suche nach dem jüdischen Museum Franken, fragte ich eine ältere Dame nach dem Weg.“ Entschuldigung, können sie mir vielleicht sagen, wo ich hier das jüdische Museum finden kann?“ Die antwortete völlig skurril: „Mit so was will ich nichts zu tun haben!“. Gruß aus OWL.

  7. Beve

    “Mit so was will ich nichts zu tun haben!”

    Großartig :-)

  8. Gulliolaf

    Schöner Bericht, du musst genau hinter mir gesessen habn, oder vor mir. War toll,bzw entspannt. Auf gehts SGE

  9. Wehrheimer Adler

    Du erwähntest unseren Bus….
    Per Sempre ist (ganz unuffgereschd) um 14:00 Uhr am Stadion gestartet und hat sich durch den ganzen Stau gequält. Durch unsere Verspätung in Nürnberg in der anderen Liga waren wir vorgewarnt….
    … So sind auch wir ganz unuffgereeschd um ca. 19:00 Uhr im Trolli-Land uffgeschlache.
    PS: die Pfirsisch- und Apfelringe sind wirklich lecker

  10. Rob

    Es macht immer wieder Spaß deine Berichte, auch als Nürnberger, zu lesen. Hoffentlich sieht man sich nächstes Jahr wieder in der BL. Fahr immer gerne nach Frankfurt.

  11. Goyschak

    „…weshalb ich 34 Siege erwarte. Nicht mehr – aber auch nicht weniger.“

    Noch 99 Punkte! :-)

  12. Kid

    Ekko Feigenspan. Meisterlich. Wie der Bericht. Aber das ist ja eine gute Gewohnheit. Siege sind keine mehr. Und dieser war auch noch ein besonders erfreulicher. Schön. Schöner als vieles andere, was auch mit der Eintracht zu tun hat. Aber da gilt auch: Net uffresche.

    Gruß vom Kid

  13. Andy

    “Mit so was will ich nichts zu tun haben!”
    …tätowiere ich mir auf Russ seinen Hund. Like.

  14. Uli

    …das Zirndorfer ist ein lecker!

  15. rotundschwarz

    Feigenspan. Bei diesem Namen höre ich immer, fast als ob er neben mir stünde, die Stimme von meinem Papa, der mir die Spieler der Meistermannschaft aufzählt. „Loy, Kress, Sztani, Stinka, Feigenspan…“ „Feigenspan?“ „Ja, Feigenspan…“

    „Mit sowas will ich nichts zu tun haben.“ Das ist ja fast schon meta-phüsisch. Ein 1A-Motto. Damit kommt man überall durch. Wie dem Russ sein Hund.

    lg mit Dank von K, die sich selbstverständlich und bei jeder sich bietenden Gelegenheit weiter uffrescht. Abber so was von. Net uffresche? Wär ja noch schöner ,-)

  16. Mark

    Hi Beve,

    ich hatte Dich und Pia vorm Gästeeingang in der Nähe der kleinen Stehpizzeria stehen sehen und mich sehr gefreut. Ich fand das Auswärtsspiel irgendwie „kuschelig“. Das hatte schon was und ein wohltuender Kontrast zu den Riesenarenen und dem drumherum. Positiv erwähnen möchte ich die Kollegen in Grün, die allesamt sehr entspannt und zurückhaltend aufgetreten sind. Was am meisten genervt hat und noch lange Zeit nerven wird, sind die Endlosschleifengesänge. Na ja, da hilft halt eben nur ein passives Verhalten und versuchen nicht hin zu hören. Vor diesem Hintergrund freue ich mich schon sehr auf das Heimspiel gegen St. Pauli.

  17. Zuul

    „…zudem wurde noch Gekas eingewechselt, dann war das Spiel aus.“
    Ein Satz für die Ewigkeit. Unterbewusstsein? Erfahrungswerte?
    Wie gewohnt ein schöner und lesenswerter Schreib von Dir.

  18. Zuul

    Hab noch das Danke vergessen. Ich hoffe Du verzeihst?

  19. Beve

    danke für die vielen freundlichen kommentare – und denkt dran: Net Uffresche ;-)

  20. robertz

    auch von mir ein danke-schön!

    was russ betrifft: ich hoffe, er ist vorbereitet auf den gewohnt infernalischen auswärts-support seines neuen brötchengebers kommende saison.

  21. Wahrer Bembel

    schön, dass Du Dich trotz der tasmanischen Enttäuschung aufraffst, wieder zu Heimspielen in der Provinz zu fahren. Ich lese Deine Bericht immer gerne, auch und gerade wenn ich selten selbst dabei gewesen sein kann.

  22. beve

    es wird dieses jahr nicht viele auswärtsspiele geben, die ich sehen werde. schon auf halle fehlt mir die lust. von daher war fürth etwas besonderes :-)

    viele grüße

    beve

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