In einer meiner kleinen Kisten befinden sich allerhand Dinge, die ich im Laufe der Jahrzehnte gesammelt habe. Dinge, die ich mit ins Grab nehmen würde – auch wenn sie dort nicht mehr von Nutzen sein werden. Höchst wahrscheinlich zumindest. Manches habe ich auf Reisen mit gebracht, manches ist so bei mir gelandet. Und bei manchen dieser Dinge ist mir die Herkunft völlig unbekannt.

So auch bei diesem kleinen Totenkopf. Er ist anderthalb Zentimeter hoch, vielleicht auch zwei. Ich besitze ihn schon ewig, doch wie er zu mir kam, habe ich vergessen. Und weshalb ich im Alter von vielleicht sieben, acht Jahren diesen kleinen Kerl in mein Herz geschlossen habe, erschließt sich mir bis heute nicht. Ich war als Kind nicht sonderlich morbide, zumindest solange meine Großväter lebten und wir in Frankfurt. Ich habe nie Frösche aufgeblasen oder Fliegen die Flügel ausgerissen. Zu meinen schlimmsten Erinnerungen gehört jedoch, dass zum Haus meines Stiefgroßvaters in einem kleinen Ort zwischen Odenwald und Spessart ein Keller gehörte. Der Keller war dunkel, muffig und kühl. Ich glaube, der Boden war feste Erde, kein Beton. Eine steile Treppe führte von der Küche nach unten in die dunkle Welt, in der ich nicht sonderlich gerne war. Außer ich bin mit meinem Vater hinuntermarschiert. Dort stand stets ein Apfelweinfass, der Apfelwein gekeltert aus den Äpfeln der Bäume hinterm Haus. Im Herbst fuhren wir mit dem Traktor des Nachbarn zur Sammelkelterstelle, die gesammelten Äpfel auf dem Hänger, zurück gings mit den Fässern. Zwischendrin gab es Unmengen von Süßen. Frisch aus dem Bottich.

Im Keller lebten fette Kröten, ich mochte sie nicht – aber sie ließen mich in Ruhe und ich sie. Bis eine befreundete Familie aus Frankfurt uns besuchte. Drei Kinder, der Sohn war anderthalb Jahre älter als ich. Und er war neugierig. So sind wir runter in den Keller. Wie die Dartpfeile zu ihm gekommen sind, weiß ich nicht mehr. Ich weiß nur, dass er begann, mit den Pfeilen auf die Kröte zu werfen, die uns entgegen marschierte. Ich denke, er hat sie getroffen. Und ich denke, dass ich dann auch geworfen habe. Und wahrscheinlich auch getroffen. Ich weiß nur, dass ich noch am gleichen Tag unsere Taten gebeichtet habe und mich schrecklich unwohl gefühlt habe. Ob die Kröte überlebt hat oder eingegangen ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Vergessen aber habe ich unsere Schandtaten bis heute nicht.

Das Loch im Kopf des Totenkopfs hat mein Vater gebohrt, damit ich eine Kette für den Hals durchziehen konnte.