Ein Sammelsurium aus dem angebrochenen Leben

Dortmund. Och nö, oder?

„Fährst du manchmal auswärts?“ „Jo, klar.“ „Bist du am Sonntag in Dortmund?“ „Ne, noch keinen Plan.“ „Wollen wir zusammen fahren?“ „Können wir machen, hast du Tickets?“ „Nein, noch nicht.“ „Ich kümmer‘ mich drum.“ Eine halbe Stunde später: „Tickets habe ich, wir können also los.“

Ziemlich genau so hat es sich zugetragen, vor ein paar Tagen im Treppenhaus eines Wohnhauses im Frankfurter Nordend. Und so starteten ein junger Mann aus der Rugby-Abteilung der Eintracht und ein leicht angegrauter Herr aus dem Eintracht Museum am Sonntag gegen 13:00 guter Dinge Richtung Dortmund. Zuvor wurde noch brav die staatsbürgerliche Pflicht erfüllt und ein Häkchen bei der Bürgermeisterwahl gemacht und sogar noch im Freien gefrühstückt. Auf der Berger Straße hingen noch etliche Wahlplakate von Oberst Stein, der vor wenigen Wochen beim ersten Wahlgang kläglich gescheitert ist. Er wollte der Stadt ihre Würde zurück geben und für Sauberkeit sorgen. Würde er den alten Papiermüll entsorgen, wäre ein Anfang gemacht.

Kurz nach 13:00 Uhr also rollte ein schwarzer Kleinwagen auf die Autobahn, der Frühling winkte dezent zu uns herüber und wir schwatzten über Gott und die Eintrachtwelt und über Batshuayi, der beim BVB zunächst einschlug wie ein Großer, um dann mit Toren sparsamer zu werden. Wir überholten die Busse aus Stadtallendorf und die Nieder Bube, hielten kurz an der Raststätte Siegerland, lauschten dem Detonieren einiger Böller und erreichten Dortmund nach etwas mehr als 2 Stunden und 15 Minuten. Hinter dem Westfalenstadion auf Parkplatz F1 stellten wir die Kiste ab und wanderten Richtung Stadion, vorbei an der TSC Eintracht von 1848.

Die Fans strömten in Scharen, hell leuchteten das Borusseum und der Fanshop in den Tag, Bratwurst, Bier, Pfandflaschensammelstellen, und immer wieder ein Gude hier und Gude dort. Am Straßenrand lungerten ein paar Polizisten herum, alles recht unspektakulär, für etwas Aufregung sorgte nur die Ankunft der Ultras, der ein oder andere wurde recht unwirsch darauf hingewiesen, doch im Pulk zu bleiben – wobei ein paar Meter weiter ohnehin der Eingang war.

Während sich die allermeisten Eintrachtler brav am Einlass anstellten, war zwei Meter um die Ecke ein weitere Einlass, der weitestgehend ignoriert wurde, praktisch für uns, so waren wir schnell drin und enterten den Stehplatzbereich, der eine Stunde vor Anpfiff schon recht ordentlich gefüllt war. Traditionell fanden wir unseren Platz recht weit oben, am Rande des Treppenbereichs, der gelb markiert war. Ein eifriger Ordner wies emsig darauf hin, dass der markierte Bereich frei bleiben müsse, ein hilfloses Unterfangen, den unerlässlich strömten die Fans in den Block 61, schoben und drückten sich in die Reihen, mal mehr, mal weniger freundlich.

Drunten wurde routiniert das Rahmenprogramm abgespult, von „You’ll never walk alone“ bis zum Fahnenschwenken auf dem Rasen, derweil Stadionsprecher Norbert Dickel immer was zu erzählen hatte, eingeblendet auf den Anzeigemonitoren. Eigentlich ist es ja manchmal ganz nett, die Atmosphäre im Stadion zu schnuppern, doch bei all dem Geschiebe und Gedränge bist du doch permanent damit beschäftigt, deinen Platz zu verteidigen oder zu zählen, wie viele dir auf die Zehen gelatscht sind. So unterschiedlich sind die Menschen, die einen bitten darum, durchgelassen zu werden, die anderen rempeln dich weg, um zwei Minuten später zurück zu kehren und dich erneut wortlos weg schieben. Kurz vor Anpfiff standen die zu spät gekommenen quasi im Treppenhaus, wie gesagt, es war recht voll.

Pünktlich um 18 Uhr ging es los, Batshuayi beim BVB zunächst auf der Bank, die anderen gelben aber spielten ähnlich wie beim Pokalfinale munter drauf los und ehe sich die Eintracht halbwegs sortiert hatte, führte Dortmund mit 1:0, Marco Russ hatte eine scharfe Hereingabe von Pulisic ins eigene Tor gelenkt. Es sollte noch weitere 20 Minuten dauern, ehe die Eintracht sich berappelte und ins Spiel fand. Auch in Halbzeit zwei hielt die Eintracht dagegen, spielte engagiert und druckvoll, weitere Parallelen zum Pokalfinale waren nicht von der Hand zu weisen. Hatte de Guzmann schon nach dem Wechsel den diesmal glücklosen Rebic ersetzt, so kam in der 67. Minute Jovic für den erneut schächelnden Haller. Und Jovic machte seinem Ruf als treffsicherer Joker alle Ehre und belohnte die Eintracht für ihren unbändigen Willen mit dem 1:1. Und während wir noch feierten, traf der gleichfalls eingewechselte Batshuayi zur erneuten Führung des BVB. Wie gewonnen, so zerronnen – Sprichwörter haben ihren Ursprung bei der Eintracht.

Doch die SGE ließ sich nicht aus der Bahn werfen, kämpfte und kombinierte, nunmehr mit Blum für Salcedo. Es lief bereits die Nachspielzeit und just Blum war es, der nach Hereingabe von da Costa den viel umjubelten Ausgleich erzielte – in der 92.! UFFBASSE schallte es von den Rängen – und als hätte man es geahnt. Statt die letzten Sekunden herunter zu spielen, ließ die Eintracht die Dortmunder kommen. Und Batshuayi, natürlich Batshuayi, drosch die Kugel in den letzten Sekunden des Spiels zur erneuten und diesmal finalen Führung ins Herz der Eintracht. Unmittelbar darauf pfiff Aytekin das Spiel ab, die Eintracht hatte verloren, finstere Schwärze in mir. Ich hasse solche Momente und ich weiß, so ich am nächsten Morgen aufwache, wird mein erster Gedanke: Verloren! sein.

Bedröppelt schlichen wir zum Parkplatz zurück, erreichten erstaunlich problemlos die Autobahnzufahrt, mussten dort noch etwas warten, um auf den Highway zu gelangen, immer wieder schoben sich Autos, die nicht warten wollen, in die Schlange, doch irgendwann hatten wir es geschafft und rollten durch die Dunkelheit Richtung Frankfurt. Wir hatten sogar Glück und fanden zu später Stunde noch einen Parkplatz in unserer Straße. Immerhin, das ist hier nicht selbstverständlich. Und so verabschiedeten wir uns im Treppenhaus, wo alles angefangen hatte. Stefan marschierte noch ein paar Stufen nach oben, ich fiel Pia in die Arme. „Was ne scheiße,“ so der einmütige Tenor. Es war wie so oft eine lässige Auswärtsfahrt – wenn nur der Fußball nicht wäre. Es war der Tag, an dem Peter Feldmann mit über 70% der Stimmen erneut zum Frankfurter Oberbürgermeister gewählt wurde.

2 Kommentare

  1. fg-sge

    Diese Niederlage war unnötig, da is unser sympathische Finne net unschuldig dran. Gegen Hannover hat er noch kurz vor Schluss den Sieg gerettet, so is de Fußball. So war das schon immer mit unserer SGE, mer muss kalt und warm gewohnt sein !
    Trotzdem ärgerlich, gelle Beve :-)

    • Beve

      So ist das :-)

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