Vor 28 Jahren war ich das erste und letzte Mal in Salzburg, damals verbrachten wir eine Winterwoche in Taxenbach und fuhren mit meinem alten Mercedes 200 Diesel für einen Tagesausflug in die Mozartstadt, es war eisig, jeden Morgen war die Kiste eingefroren. Jetzt rollen wir mit der Straßenbahn zum Bahnhof. Den Mercedes gibt es schon lange nicht mehr.

Pia und ich hatten eine günstige Bahnfahrt geschossen, ein Zimmer in einer Wohnung am Rande der Altstadt gebucht und sind guter Dinge, als unser Zug pünktlich auf die Minute anrollt. Der Blick fällt aus dem Fenster und natürlich sind wir nicht die einzigen Eintrachtler im Zug, die ersten Bierdosen ploppen neben uns auf, aber die Fahrt bleibt entspannt. Für den Umstieg in München haben wir 10 Minuten Zeit, lässig erreichen wir das Abfahrtsgleis und entern den nächsten Zug. Neben uns sitzt Uli Matheja, der Meister der geschriebenen Eintrachtgeschichte, René ist gleichfalls dabei, während die Fatboy-Gang mich mit einem Mexikaner, einem Bier und Schnitzelbrötchen versorgt. Der Service der Bahn war schon schlechter. Kurzweilig die Fahrt.

Kaum angekommen, bringt uns der 5er Bus in die Erzabt Klotz Straße, genau vor unserem Haus ist die Haltestelle, der Sohn der Vermieterin öffnet uns, eine Katze umschleicht die Beine und unser Zimmer ist geräumig und gemütlich. Gegenüber thront die Hohensalzburg in die Höhe. Ein Blick, der uns die nächsten Tage begleiten wird.

Kaum angekommen, sind wir wir per pedes wieder auf dem Weg in die Altstadt, es beginnt, leicht zu schneien und aus dem leichten Schneien wird ein ordentliches Geflocke, an meinem Mantel bleiben die Schneeflöckchen wunderbar haften. Wir stellen uns an der goldenen Kugel kurz unter und wandern weiter über Domplatz in Richtung Getreidegasse. Dort befindet sich neben unzähligen Lädchen auch Mozarts Geburtshaus. Heute ist neben einem Museum auch ein Spar dort untergebracht. Unterwegs begegnen wir – wie auch in den kommenden Tagen – natürlich 1000 Eintrachtlern, überall ein Gude wie hier und ein Servus dort. Unser Ziel ist ein kleiner Imbiss in der Getreidegasse 33, ein schmale Passage führt dort hinein, ein Schild verweist auf den Ort. Ein winziges Fensterchen scheint die Ausgabe zu sein, davor steht eine Frau und telefoniert. Unsicher, ob wir richtig sind, tapsen wir ein wenig umher, bis uns die Frau zuruft, dass der Imbiss heute geschlossen sei. Da auch der zweite Imbiss heute zu hat, wandern wir über den Markt, teilen uns einen Vintschgauer und schlendern über die Salzach in die Linzer Gasse. Es hat aufgehört zu schneien, immer wieder fällt der Blick auf die Salzburg umgebenden Berge, teils verschneit, fällt der Blick auf die Hohensalzburg. Nach einer Kaffee- resp. Teepause wandern wir zurück in die alte Altstadt, vorbei an zig Geschäften die Mozartkugeln, Mozartmagnete, Mozartmozart anbieten. Wobei uns ein Mozärtchen putzig anlächelt, ein Figürchen, vielleicht 10 Zentimeter hoch, welches du auf einer Regalkante sitzen lassen kannst.

Nahe des Mozartplatzes findet sich eine Forschungs- und Gedenkstätte für einen weiteren Salzburger, für den viel zu jung verstorbenen Lyriker Georg Trakl. Trakl, in Salzburg geboren, machte eine Ausbildung zum Apotheker, wurde drogensüchtig und starb im ersten Weltkrieg mit 27 Jahren an einer Überdosis. Einsamkeit, Melancholie und Verfall sind die beherrschenden Themen seiner expressionistischen Lyrik, die mich schon zu Studienzeiten in den Bann zogen, das letzte Gold verfallener Sterne. Von Trakl gibt es keine Magnete und auch die Gedenkstätte hat geschlossen.

Wir wandern zurück in unsere Unterkunft, wärmen uns auf und brechen dann auf zum ersten Abendmahl. Uli hat einen Tisch im Stiegl reserviert, wir aber wandern zum falschen Stiegl am Aufgang zur Festung. Nach kurzem Hin und Her wissen wir Bescheid und marschieren durch die Altstadt an Kirchturm und Platz vorbei, passieren die Pferdeschwemme am Karajanplatz und erreichen die große Stiegl-Brauwelt nach einer guten halben Stunde. Die anderen sind schon da, sitzen vor einem Humpen Bier, schon kommen die Schnitzel, während Frank erzählt, wie er inmitten seiner Millionen Legosteine einen kleinen Pokal gesucht hat, als die Eintracht Pokalsieger wurde. Später fällt die Fußball 2000 Crew noch ein, insgesamt aber ist es ruhig, ich hätte mehr Halligalli erwartet.

Derweil die ersten Mirabellen und Willies an den Tisch kommen, machen Pia und ich uns auf die Socken, der Tag war lang, die nächsten werden es nicht minder und so nehmen wir den Bus in die Altstadt und wandern heim in die Stube.

Matchday I

In einer Bäckerei versorgen wir uns mit Stückchen und Kaffee und brechen dann auf Richtung Festung. Für die Bettler stehen an den neuralgischen Plätzen schon die Produktionsmittel bereit. Kiste, Jacke, Regenschirm und Pappbecher. Nur die Bettler sind noch nicht da. Der frühe Himmel ist blauklar, wir schieben uns zu Fuß den Weg nach oben, lassen die mächtige Burg links liegen und spazieren über den Mönchsberg, über den auch Georg Trakl geschrieben hat:

Wo im Schatten herbstlicher Ulmen der verfallene Pfad hinabsinkt,
Ferne den Hütten von Laub, schlafenden Hirten,
Immer folgt dem Wandrer die dunkle Gestalt der Kühle

Über knöchernen Steg, die hyazinthene Stimme des Knaben,
Leise sagend die vergessene Legende des Walds,
Sanfter ein Krankes nun die wilde Klage des Bruders.

Also rührt ein spärliches Grün das Knie des Fremdlings,
Das versteinerte Haupt;
Näher rauscht der blaue Quell die Klage der Frauen.

Unser Blick fällt über die Stadt, über die Salzach, auf den Kapuzinerberg bis wir auf gepflegten Pfaden zur Richterhöhe kommen. Blauer Sonnenhimmel weiterhin, jetzt blicken wir auf einem Bänkchen pausierend auf den hinteren Teil Salzburgs, auf die mächtigen Alpen, schneebedeckt und kühl. Weiter geht es zur Stupa, einer buddhistischen Gebetsstätte und von dort in lichter Höhe zur Stadtalm. Dann wandern wir zurück in die Altstadt, den Dr.-Herbert-Klein-Weg hinunter. Herbert Klein war ein Alt-Nazi, der zur Geschichte Salzburgs geforscht hat – und hier mit einem Weg geehrt wird. Derweil ist die Stadt voll mit Stolpersteinen.

In der Altstadt hat heute der Bosnagrill geöffnet, wir nehmen jeweils eine Bosna samt Almdudler, treffen später in der Getreidegasse auf Uwe Bein und etliche andere Gesellen. In der ältesten Buchhandlung Österreichs hole ich mir noch die überschaubare Reclam-Ausgabe von Trakls Werken (die zerfleddert schon seit Jahren in meinem Bücherregal vergilbt), prompt laufen wir Matze und Holger in die Arme. Unterwegs bekommen wir noch den Tipp, den Petersfriedhof samt Katakomben zu besuchen, eine gute Idee, wie uns scheint. Grüße.

Der Friedhof liegt unterhalb der Felsen, Grab reiht sich an Grab und für zwei Euro besuchen wir die in den Fels gemauerten Katakomben. Ob sich Georg Trakl hier rumgetrieben hat, das wissen wir nicht, dass die Kulturabteilung des EFC Per Sempre unterwegs ist, aber schon – wir laufen ihnen direkt in die Arme. Und so langsam erinnern wir uns daran, dass heute Abend ja das Spiel stattfinden wird, die Eintracht im Europacup gegen den FC Salzburg. So wandern wir zurück in die Unterkunft, um uns für den Spieltag zu präparieren. Kaum sind wir angekommen, Mönchsberg und Trakl im Sinn, erreicht uns die Info der Spielabsage. Dieses erschüttert die Brust des Fremdlings. O ihr Zeichen und Sterne.

Natürlich laufen die Drähte heiß, wir sind recht entspannt, haben wir doch die Heimfahrt erst für Samstag um 17 Uhr geplant – aber noch sind bange Minuten zu überstehen. Wann wird das Spiel neu angesetzt? lautet die ängstliche Frage. Ursache für die Absage war nicht das um sich greifende Coronavirus, sondern ein zu erwartender Sturm. Also gut, die Abendplanung muss geändert werden und das heißt für uns: Wieder raus auf die Straße. Unterwegs natürlich tausend Gesichter, tausend Gespräche – bis durchsickert, dass die Partie jetzt für den morgigen Freitag um 18 Uhr angesetzt ist. Für uns ist alles easy, für viele andere aber heißt es nun: Unterkunft und Heimfahrt checken, Zahnbürsten und Unterhosen kaufen, kleine Dramen spielen sich ab, Aufregung allenthalben. Unten beim Sternbräu ist ein großer Treffpunkt, aber irgendwie geht dann doch wieder alles seiner Wege, werden Probleme gelöst – bis auf einige wenige, die umsonst nach Salzburg gefahren sind und unverrichteter Dinge wieder abziehen müssen.

Wir wandern über eine der Brücken die neue Altstadt, spazieren die Linzer Gasse nach oben. Hier, neben der Engel Apotheke, hat Trakl sein Praktikum absolviert, eine Gedenktafel erinnert an ihn mit dem Gedicht „Im Dunkel“:

Es schweigt die Seele den blauen Frühling.
Unter feuchtem Abendgezweig
Sank in Schauern die Stirne den Liebenden.

O das grünende Kreuz. In dunklem Gespräch
Erkannten sich Mann und Weib.
An kahler Mauer
Wandelt in seinen Gestirnen der Einsame.

Über die mondbeglänzten Wege des Walds
Sank die Wildnis
Vergessener Jagden; Blick der Bläue
Aus verfallenen Felsen bricht.

Frank schickt uns eine Nachricht, im Fidelen Affen sind ein paar Plätze reserviert. So heißen die Wirtschaften hier, fideler Affe, blaue Gans, alter Fuchs. Wir sind ein bisschen früh dran, wandern ein paar Meter den Kapuzinerberg nach oben, bis es anfängt zu schütten. Also geht es zurück in den fidelen Affen. Alle Plätze sind belegt, wir nehmen zwei Stehbier und warten auf den Rest der Truppe – bis sich herausstellt, dass die Reservierungen für das Partnerhaus nebenan gelten. Das ist schade, der Gulasch sah verlockend aus. Mittlerweile hat mich Charlotte angefunkt – auf der Suche nach zwei Tickets für das Spiel.

Wir wandern nach nebenan, der Laden gefällt uns nicht wirklich, wirkt kühl und ungemütlich, aber die Gang vom gestrigen Abend ist anwesend, das macht die Sache erträglich. Bei einer Raucherpause vor der Tür kommen zwei Jungs anmarschiert, fragen uns, ob wir noch zwei Tickets bräuchten. Ich erkläre ihnen, dass ich weder den geforderten Preis noch die Hälfte davon zahlen werde – doch sie sind brav und wollen nur ihre bezahlten 45 Euro zurück. Sie kämen aus Wien, wollen morgen zum Skifahren und hätten heute das Spiel mitgenommen. „Wir hassen den FC Salzburg,“ sagen sie und wir werden uns schnell handelseinig. Lustigerweise sitzen Charlotte und Moritz keine 50 Meter von uns entfernt im Johanneskeller und noch lustiger ist, dass ich mich eigentlich noch mit Niko zusammen telefonieren wollte und er ebenfalls dort ist. Also heißt es hoch die Tassen, bis mich Pia am Arm zuppelt und auf den Weg nach Hause verweist. Brav folge ich, und so marschieren wir durch das Auge des Sturms, stellen noch einen verwehten Blumenkübel wieder auf und landen wohl behalten in unserer Unterkunft. Etliche Eintrachtler hatten derweil beim Eishockey in Salzburg eine Klagenfurter Mannschaft unterstützt, die Zeitungen und Netzwelt sind voller Berichte über dieses Spektakel.

Matchday II

Morgens umschleicht uns die Katze, unsere Gastgeberin kommt vorbei, sie ist in Sachsenhausen geboren, vor der Türe steht der Golf der Nachbarin, Salzburger Kennzeichen, Eintracht-Aufkleber am Heck. Dann brechen wir auf in den Spieltag. Der Sturm des Abends scheint glimpflich verlaufen, wir frühstücken im mondänen Café Bazar am Ufer der Salzach, entdecken ein Foto von Traugotts Kutte in den Salzburger Nachrichten und machen uns dann auf, den Kapuzinerberg zu erklimmen. Vom Tal aus siehst du in der Höhe einige Häuser, und tatsächlich führt der Basteiweg an ihnen vorbei, in rechter Höhe thront das Franziskischlösschen, unser erstes Ziel. Der Weg dort hin ist nicht einfach. Bergauf, bergab über Stufen und matschige Wege kämpfen wir uns voran, je höher wir kommen, desto verschneiter ist der Bergwald, immer wieder fällt der Blick auf die Talebene. Dort unten sitzen sie jetzt, die Eintrachtfans, und heben ihr Stieglbier in die Höhe, hier oben ist niemand außer uns. Es ist ein schöner Weg, wildromantisch, wahrscheinlich ist hier auch schon Trakl in seiner Waldeinsamkeit entlang getraklt, wir sind zu zweit – und das ist auch gut so. Unterdessen läuft die Auslosung für die nächste Runde. Unser Gegner, so wir weiter kommen, wird der FC Basel sein, und in Basel sind wegen Corona bis auf Weiteres alle Großveranstaltungen abgesagt. Droht wieder einmal ein Geisterspiel? Diesmal müssen die anderen zittern, Pia und ich werden – so Gott will – auf einer kleinen Insel in Thailand weilen.

Nach einer guten Stunde sehen wir unser Ziel, einige Stufen gilt es noch zu nehmen, dann haben wir es geschafft, der Rückweg ist leichter, frisch abgebrochene Äste stecken in den vermatschten Wegen, wir blicken in die Weite Richtung Deutschland und wandern dann zurück, vorbei am Stefan Zweig-Haus und landen wieder in der Linzer Gasse. Weiter oben, im gemütlichen Alten Fuchs sitzen Niko und Ariane, wir stoßen dazu, auch Oli, Matze, Susi und Holger sitzen am Tisch, schon kommen Bier und Almdudler, Schnitzel, Rindsgulasch und Semmelknödel, derweil wir es uns gut gehen lassen. Wanderer tritt still herein; Schmerz versteinerte die Schwelle. Da erglänzt in reiner Helle auf dem Tische Brot und Wein.

Nach einem kurzen Zwischenstopp in der Unterkunft wandern wir vor zur Bushaltestelle, kaum angekommen rauscht die Linie Nummer eins heran, wir erwischen einen Sitzplatz. Natürlich sind etliche Eintrachtler im Bus, wohlgelaunt mit einem Stiegl in der Hand. Wortfetzen dringen an unser Ohr. „Hurensöhne … masturbieren …“ dazu rhythmische Schläge an die Decke. Spieltagsromantik. Unterwegs steigen wir aus, treffen Maj, holen uns noch ein Schöppchen im Billa und latschen an der frischen Luft Richtung Stadion. Keine Viertelstunde später treffen wir Niko und Ariane, Oli dazu und so laufen wir zu unserem Eingang. Natürlich hören wir überall Geschichten der Orga der letzten 24 Stunden, Geschichten von fehlendem Insulin und eingesperrten Katzen zu Hause, die Leute hatten ob des längeren Aufenthaltes in Salzburg etliche gravierende Probleme zu lösen.

Vor Ort geht der Einlass erstaunlich unkompliziert, nur meine Lederschuhe reiße ich mir am Gitterweg leicht auf, die sind nun hinüber. Dabei hatten sich mich so brav durch die Ukraine und den Kapuzinerberg getragen. Irgendwas ist ja immer. Unsere Plätze sind im Oberrang in der zweiten Reihe, das ist praktisch, wo wedeln keine Fahnen vor deiner Nase. Das Stadion wirkt recht kompakt, Salzburg hält sich laut Inschriften für die Zukunft des Fußballs, der Stadionsprecher kaspert ein bisschen herum und im ausliegenden Stadionheft wird unser Stadion brav „Waldstadion“ genannt. Unten gibt Niko Kovac ein Interview.

Dann geht’s los, die Heimkurve versucht sich an einer Choreo, wobei es beim Versuch bleibt, die Salzburger aber bestürmen das Eintrachttor, dass einem Angst und Bange wird. Prompt fällt nach 10 Minuten das 1:0 und das Weiterkommen der Eintracht steht auf windigen Füßen. Mit Glück und Geschick hält die Eintracht die Stellung, und quasi aus dem Nichts macht Silva nach feiner Vorarbeit von Kostic den Ausgleich. Wichtig. Unmittelbar darauf stellen die Salzburger auf Grund des Attentats in Hanau für eine Minute den Support ein, leider zieht die Eintrachtkurve nicht mit.

In der zweiten Halbzeit plätschert das Spiel vor sich hin, die Eintracht vergibt zwei große Chancen durch Silva und Kostic – dann fällt aus einem weiteren Nichts das 2:1 für Salzburg, die jetzt prompt wieder erwachen. Zwei Tore fehlen ihnen noch für die Verlängerung und der Eintracht im Jahre 2020 ist ja alles zu zutrauen. Auch das viel umjubelte 2:2 durch Silva – es ist die Entscheidung, die SGE steht im Achtelfinale. Zum Schlusspfiff ertönt aus Tausenden Kehlen „Im Herzen von Europa“, dann wird das Team standesgemäß gefeiert und alsbald der Heimweg angetreten. Überraschend steht ein Shuttlebus bereit, der unter Polizeibegleitung Richtung Bahnhof rauscht, ein paar Jungs rufen „XY du Zigeuner“ und werden von Basti in die Schranken gewiesen. Dann ist Ruhe. Am Bahnhof selbst nehmen wir einen weiteren Bus Richtung Mozartsteg, zum Feiern ist uns ob der Kälte nicht wirklich zumute, also gönnen wir uns noch ein Linsensüppchen und fallen müde in die Kojen. Europacup in diesem Jahr.

Heimfahrt

Da unser Zug erst um 17 Uhr abfährt, packen wir unseren Krempel zusammen, den wir aber noch in der Wohnung stehen lassen können. Dann frühstücken wir im netten Coffee Smith, kaufen uns den Beinebaumlermozart, futtern Mozartkugeln und treiben über die Salzach zum Schloss Mirabell mit angrenzendem Garten. In der Orangerie tummeln sich Schildkröten, Käfigvögel und schlafende Obdachlose, denn hier ist es warm. In Mozarts Wohnhaus treffen wir noch Gisela, Ina und Bernd, freuen uns, dass wir uns getroffen haben und nehmen zum Abschluss noch eine Brettljause im Alten Fuchs. Ein letzter Spaziergang durch die Altstadt, die letzten Blicke auf Alpen und Hohensalzburg und schon bringt uns der Bus zum Bahnhof, nachdem ich meine Lederschuhe noch vor Ort entsorgte. Der Zug ist pünktlich, der Anschluss in München klappt famos, ich bin leicht erkältet, Nürnberg, Würzburg, Aschaffenburg, Frankfurt. Während der Fahrt läuft die Bundesliga, und so langsam sickert durch, dass Hoffenheims Mäzen mal wieder von den Kurven beschimpft wurde, da sich der DFB durchgerungen hat, Kollektivstrafen gegen Dortmunder Gästefans in Hoffenheim durchzusetzen. Diesmal fand dies die Bayernkurve nicht in Ordnung, worauf ein Sturm der Entrüstung losbrach, der bei rassistischen Ausfällen auf sich warten ließ.

Genaueres erfahren wir, als wir pünktlich zum Sportstudio aus der 12 fallen und zuhause ankommen. Rummenigge und Hopp Hand in Hand, Ballgeschiebe zwischen den Bayern und Hoffenheim, um ein „Zeichen zu setzen“. Klar, beim Stande von 0:6 ein Leichtes. Die Moralisten, die bei Rassismus mit der Achsel zucken, eine WM in Katar ebenso lässig durchwinken wie Trainingslager vor Ort, die Tönnies Ausfälle mit einer Hand weg wischen, bilden mit den JournalistInnen der übertragenden Sendern eine Einheitsfront, wenn ein weißer Milliardär beschimpft wird. Dessen Gebaren just dies hervor gerufen hat. Geheuchelte Krokodilstränen der privilegierten Klasse, um die eigenen Pfründe zu sichern. Reporter, die von kranken Fans sprechen, von Irren. Und keine einzige Frage nach den Ursachen stellen. Fehlte nur noch, dass sie von einem Angriff auf uns alle sprechen. Auf uns alle, die wir weiße Milliardäre sind, die einen Provinzverein in die Bundesliga gekauft haben.

Wenn es Nacht wird, hebt der Wanderer leise die schweren Lider; Sonne aus finsterer Schlucht bricht. Sagt Trakl, derweil unser Beinebaumlermozart, den wir mozärtlich Mozi nennen, auf dem Regal sitzt und fröhlich lacht.