Ein Sammelsurium aus dem angebrochenen Leben

Über Leichen

Es war ein furchtbares Bild, Tausende lagen übereinander mit seltsam verrenkten Gliedmaßen, tote Augen blickten in den Himmel welcher selbst zu traurig zum Weinen war. Ein Blutsumpf offenbarte sich und ein Geruch von Verwesung lag in der Luft, dass sich sogar die Geier erbrachen. Das Ende eines fröhlichen Festes, das bei strahlendem Sonnenschein begonnen hatte und in finsterster Schwärze endete. Ein grausiger Anblick, ein Massaker, wie es die Welt noch nicht gesehen hatte – und dennoch schien es eine Gruppe nicht zu rühren. Scherzend und lachend marschierten sie mit festem Schuhwerk über das tote Fleisch und es wurde berichtet, dass gleichfalls ein sorglos Liedchen gepfiffen wurde. Abgründe menschlicher Existenz.

Über Leichen.

Peppi Schmitt für die FAZ und Ingo Durstewitz für die FR berichten übereinstimmend, dass DFB-Chefankläger Anton Nachreiner den Verhandlungsmarathon zwischen dem DFB und der Frankfurter Eintracht hochüberraschend noch vor Ende verließ, es aber nicht versäumte, den Eintracht-Fans vorzuhalten, sie gingen über Leichen.

Wer solcher Art die Welt sieht, mit dem ist naturgemäß nicht gut Kirschen essen und auch vernünftige Argumente prallen ab, wie einst die Bälle beim Herrn Nachreiner, der in seiner Zeit als Fußballer beste Torchancen einfach vergeigt hat.

Eintracht Frankfurt wehrt sich gegen die Strafe des DFB, beim ersten Heimspiel gegen Leverkusen nur maximal 20.000 Fans zu zulassen – und das zu Recht, wie fachkundige Anwälte betonen. Allen voran Christoph Schickhardt, der die Eintracht hochoffiziell vertritt: Der Eintracht-Anwalt sprach sich ganz konkret gegen das Mittel von Ausschlüssen von Zuschauern oder Teilausschlüssen aus. „Es gibt keine einzige Stimme, die das für sinnvoll hält“, sagte er an die Adresse von DFB-Ankläger Anton Nachreiner, „dies ist lediglich ein Mittel der Hilflosigkeit.“ (FAZ)

Eintracht Frankfurt wird attestiert, sich in vorbildlicher Weise der „Fan-Problematik“ angenommen zu haben. „Wir haben vereinsseitiges Verschulden nicht feststellen können“, sagte Richter Lorenz. Weder bei den Ordnungsdiensten noch bei anderen Sicherheitsfragen. (FR)

Dennoch bleibt das Urteil bestehen. Obgleich sich Eintracht Frankfurt nichts zu schulden hat kommen lassen, werden die AG und Fans bestraft, während von den eigentlichen „Tätern“ nicht mehr die Rede ist – ein höchst eigenartiges Verständnis von Recht will man meinen. Stefan Minden, Abteilungsleiter der Fan- und Förderabteilung schrieb dazu noch vor dem gestrigen Gerichtstermin in der DIVA: Auch hier muss die Frage gestattet sein: Wie hätte sich Eintracht Frankfurt anders vehalten sollen, wo liegt das (ein ‚ Teilgeisterspiel ‚ erforderlich machende) Verschulden des Vereins? Fragen, die der DFB nicht beantwortet.

Somit wird die Eintracht dem Vernehmen nach eine weitere Instanz bemühen, um die drohende Kollektivstrafe abzuwenden – womöglich sogar bis hin zu einem ordentlichen Gericht; bislang bewegten wir uns immerhin innerhalb der DFB-Justiziät, die aber einer  zivilgerichtlichen Kontrolle nicht zwingend standhalten muss. So schreibt Stefan Minden: Der Eintracht wurde sogar verboten, Public Viewings auf dem Stadion- oder Vereinsgelände zu veranstalten – für eine solche Anordnung gibt es aber überhaupt keine Rechtsgrundlage in den DFB-Statuten.

Um was ging es eigentlich, außer über Leichen? Feuerwerk, Becher- resp. Stuhlwurf und um einen Platzsturm, bei dem im Vorfeld auf Verlangen der Polizei die Tore aus Sicherheitsgründen geöffnet werden sollten, so Fans die Zäune erklimmen.  Mann muss nicht Beifall klatschen aber die Kirche im Dorf lassen. Sprich, wer gegen bestehende Gesetze verstoßen hat und dabei erwischt wurde, der sollte im Rahmen eines Rechtsverfahrens be- und verurteilt werden. Und damit ist gut. Ob dabei jedes bestehende Gesetz sinnvoll ist, scheint eine andere Frage ebenso wie die nach der Notwendigkeit von Becherwürfen oder fliegenden Fackeln. Eines aber ist gewiss: Sollte sich der DFB auch in den nächsten Instanzen nicht bewegen, so dürfte sich das Verhältnis von Fußballfans und DFB weiter zuspitzen. Nicht jeder lässt es sich gefallen, ohne Verschulden ausgesperrt zu werden. Jener DFB übrigens, der sich im Rahmen um die Korruptionsaffären rund um die FIFA merkwürdig bedeckt hält. Wenn es denn schon um Leichen gehen muss …

Nachtrag: PDF von Stefan Mindens Text in der DIVA.

14 Kommentare

  1. Kid

    „Wenn es denn schon um Leichen gehen muss …“

    Da geht es aber um Leichen im Keller, Beve. :-)

    Würde ich noch öffentlich bloggen, wäre ich mal wieder zu langsam gewesen und hätte den Titel meines Eintrags ändern müssen, um nicht als Nachahmer in Verdacht zu geraten. ;-) Es ist aber viel wahrscheinlicher, dass ich ihn eh nicht mehr zu Ende geschrieben hätte. Steht ja schon alles hier. :-)

  2. Kid

    Nachtrag: Anton Nachreiner liegt wenigstens mit seiner Selbsteinschätzung über seine Stürmerqualitäten richtig. Die waren tatsächlich bestenfalls zweitklassig.

    Ich habe mal in meinen Unterlagen nachgeschaut. In der Saison 1977/78 spielte er für 1860 zwei Mal gegen die Eintracht. In der Rückrunde soll er laut „kicker“ bei der 0:1-Niederlage im Waldstadion eine der beiden Gästechancen und so den Ausgleich verballert haben und in der Hinrunde beschreibt ihn der „kicker“ (zusammen mit Metzler) als „zaudernden und ungefährlichen Stürmer“. Und sein Trainer Lucas klagte nach der 2:4-Niederlage: „Wir haben keine Stürmer.“ Guyla Lorant bestätigte das: „Das war schon nicht mehr Pech, sondern Unvermögen, wie die Müncher ihre Chancen vergaben.“

    Tja, heute ist Herr Nachreiner gefährlicher.

  3. Herr Ärmel

    Der Fall wird derzeit in verschiedenen Blogs dokumentiert und kommentiert. Das ist gut so. Aber an der traurigen Wirklichkeit wirds, so befürchte ich, wenig ändern. Das ist Vereinsmeierei in übelster Form, wenn sich z.B. ein Bundesligaverein erstmal eine Genehmigung für ein Spiel einholen muss (Strafe für Zuwiderhandlung 30.000 Eurotaler).
    Ich dachte immer, wir hätten derlei kleinliche mittelalterliche Zustände überwunden. Das Zunft- und Gildewesen voller abstruser Bevormundungen, Zwänge und Gängelungen existiert aber leider weiterhin in Form von IHKs, Handwerkskammern, Berufs- und Sportverbänden. Da sitzen machthungrige und geldgierige Männer in eitler Selbstbeweihräucherung. Wann werden die endlich in die Wüste geschickt? Brauchen tut sie doch niemand wirklich…

  4. Beve

    och kid, so langsam wärest du gar nicht, weil du stets noch einen anderen gedanken im petto hast, der erst einmal zu ende gedacht werden will. danke für die infos bezüglich nachreiner vs eintracht. gefährlicher ist der kollege heute schon – treffsicherer nicht.

    herr ärmel, harte worte aber nicht unwahr. wobei die organisation von rahmenbedingungen auch gemacht werden muss. oder? muss ich nachdenken :-)

  5. Herr Ärmel

    „…wobei die organisation von rahmenbedingungen auch gemacht werden muss. oder? muss ich nachdenken…“
    Die Organisation wird deshalb so gemacht, weil wir nicht genügend (voraus-)denken. Deshalb hat sich da seit Jahrhunderten nur wenig verändert.

  6. wib

    :)

  7. Ulrich

    Erstmals in seiner Geschichte zählt der Deutsche Fußball-Bund mehr als 6,8 Millionen Mitglieder. Exakt 6.800.128 Fußballer und somit 50.340 mehr als im Vorjahr sind aktuell in den 21 Landesverbänden des DFB gemeldet.27.04.2012

    • Beve

      und da muss zucht und ordnung rein :-)

  8. Jahn

    In der PDF http://www.eintracht-frankfurt.de/fileadmin/upload/sportarten/FuFA/Diva_vom_Main/Diva_9/diva_9_fanthema.pdf
    fehlt da nicht noch etwas?

    Hoffentlich zieht die Eintracht bis zum Ende durch.
    Man stelle sich vor der Ankläger (Staatsanwalt) ginge auf einen ordentlichen Getricht auch einfach früher. Ich denke das würde nicht ohne Folgen bleiben, aber beim DFB scheint das auch so zu gehen ohne Folgen.
    Erbärmlich. Und von so jemanden muss man sich als Eintrachtfan beschimpfen und verallgemeinern lassen.

    • Beve

      oh, das pdf ist wirklich nicht vollständig. da hilft wohl nur, die diva selbst zu lesen. sorry.

  9. Ulrich

    Joh Sucht & Dortmund. Bei so mitgliedern wie mir und wahrscheinlich Dir auch wird das nicht so einfach!
    Trotzdem nett vom DFB uns alle als „Fussballer“ zu bezeichnen.
    Respekt fast 10% aller mündigen bürger hat sich dieser GOTTGLEICHE DFB einferleibt.
    @Jahn hoffe auch das die SGE das mal durchzieht Der AXEL HELLMANN soll ja genau JETZT im Radio Fanomania sein.

  10. Beve

    ah, axel bei fanomania habe ich verpasst. kein wunder bei dem wetter.

    bei sucht und dortmund musste ich kurz überlegen :-)

  11. Ulrich

    Hellboy iss ganz gut rübergekommen es war durchaus interesant.
    Wetter in frankfurt und dann auch noch gut ?
    Iss aber auch inne Luft das „Radio X“ auf 91,8 MHz UKW und ein Radio zum empfang haste wohl auch, in Deinem MP3 player.
    Aber wir hamms heut auch nicht nach Waldhof geschafft schade Stimmung ist bestimmt gut heute!
    Aber Samstag kannste mir uns Rechnen.

  12. Beve

    samstag bin ich auswärts. auf der lorelei, and also the trees, new model army und co. da freu ich mich drauf. mein mp3-player spielt meine songs, radio ist nicht und waldhof war auch ohne mich – wie so manches in der kommenden saison.

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