Es hat ja lange gedauert, bis ich das erste Mal in London war – 2011 war’s gewesen. Damals waren wir mit Andi und Arne unterwegs zu einem der raren Konzerte von Carter USM, es waren große Momente. Als Kind war ich völlig fasziniert von der London Tower Bridge – und plötzlich stand ich selbst davor. Sherlock Holmes, Carnaby Street, Londoner Bands, Cockney, Chelsea, Jack the Ripper, mein nebulöses Londonbild formte sich zu einem realen – und bis heute hat es sich durch etliche Besuche verdichtet. Und vor allem verändert.

In den letzten neun Jahren sind wir hunderte von Kilometern durch London gelaufen. Nahmen die Tube, die roten Busse und einmal natürlich auch ein schwarzes Cab. Waren oben in Hampstead Heath, marschierten über die nächtliche Brick Lane, sahen die Eintracht in Chelsea und Arsenal und And also the trees in Islington. Verliefen uns in Richmond, tanzten zu Carter in Brixton und nahmen die Bahn an die Küste nach Brighton. Geregnet hat es selten – und wenn, dann tauchten wir ein in die kostenlosen Museen, die Tate, Modern Tate, National Gallery und andere. Saßen an der Serpentine im Hyde Park oder blickten bei Primrose Hill über die Stadt. Wunderbare Spaziergänge von Camden am Kanal entlang Richtung Paddington – derweil sich die Stadt rasend verändert. Exorbitante Glashochhäuser an der Themse, das Leben der Arbeiter verdrängt an die Randgebiete, Mieten, die du für teure Monatsmieten hältst, gelten für eine einzige Woche. London erschlägt dich in weiten Teilen der City, rasender Verkehr, das Klappern der Rollkoffer der Touristen und überall lauwarmes Bier. Es wirkt, als hätte ein riesiger Geldsegen weite Teile überschwemmt und in der gläsernen und doch undurchdringlichen Verdichtung möchtest du kein Kind zum Spielen auf die Straße schicken. Zumal es wohl keine Stadt gibt, in der es so viele Verbotsschilder gibt, wie in London. Die Vergangenheit als Fassade eines Molochs, der einzig den Wohlhabenden der Geldvermehrung dient, eingewoben in die Patina des Viktorianischen Zeitalters, eingewoben die die Swinging Sixteens, stehend auf den Füßen der Thatcher Aera. Über allem thront die Queen.

Wo das Leben wirklich lebt, mischen sich die Kulturen. Wie in Shepherds Bush, in Islington, in Brixton oder rund um die Brick Lane, wobei diese zuweilen scheint, als wären Reiseführer zu Fleisch geworden. Streetart als Tourismusmagnet. Dennoch zieht London – den Blick auf den Glockenturm des Big Ben, der Blick auf den Buckingham Palace als nebenbei Selbstverständliches. Die illusionäre Magie der Vergangenheit gemengt mit den verschlungenen Wegen am Kanal und dem Zorn auf die zynischen Geschmacklosigkeiten der Wohlhabenden. Nischen finden. Immer wieder Nischen finden. Dafür muss man unterwegs sein können. Und einen Spaziergang über die gleißende Oxford Street kurz vor Weihnachten in Kauf nehmen. Doch, London hat was. Man muss es nur entdecken. Mit der Wut von London Calling im Bauch und den Dark Streets of London im Ohr.

Den Bär holte ich in einem kleinen Souvenirshop an der Paddington Station als Mitbringsel für Pia. Und als Erinnerung, sich demnächst mal wieder auf die Socken zu machen.