Ein Sammelsurium aus dem angebrochenen Leben

Trainer, Spieler, Geld

Nun also hat Eintracht Frankfurt einen neuen Trainer, Thomas Schaaf, und wünscht fast zeitgleich dem nach Wolfsburg wechselnden Sebastian Jung alles Gute. Nach Chris, Ochs und Russ der vierte namhafte Spieler, der die Eintracht in Richtung eines Vereines verlässt, der zwar kaum Strahlkraft hat, dafür einen umso besser gefüllten Geldbeutel.

Der Trainer: Thomas Schaaf wird also der heiß ersehnte neue Übungsleiter der Eintracht. Jener Schaaf, der 1999 in Bremen sein Amt nach einer 1:2 Niederlage des SV Werder gegen die Eintracht angetreten hatte – seinerzeit als Nachfolger von Felix Magath. Sowohl die Eintracht als auch Werder kämpften um den Klassenerhalt, beide konnte die Saison glücklich beenden, die Eintracht durch das legendäre 5:1 gegen den 1. FC Kaiserslautern. 14 Jahre später endete die Ära Schaaf in Bremen nach einem 0:0 gegen die Eintracht, beim letzten Saisonspiel saß er schon nicht mehr auf der Bank. Die SGE aber schaffte durch ein 2:2 gegen Wolfsburg den Einzug ins internationale Geschäft. Nun ist Schaaf neuer Coach der Eintracht, eine gute Wahl – wobei im End natürlich die Ergebnisse zählen werden.

Die Spieler: Nachdem Pirmin Schwegler demnächst für Hoffenheim auflaufen wird, werden wir Jung in der kommenden Saison in Grün sehen, VW statt Alfa. Und wir in Frankfurt stellen wieder einmal fest, dass mit herkömmlichen Mitteln nichts gegen die Vereine auszurichten ist, die aus externen Geldquellen schöpfen können. Auch wenn VfL-Aufsichtsratchef Francisco Garcia Sanz dies anders sieht: Und wir hatten in dieser Saison nur zwei gezielte qualitative Verstärkungen von Außen –  Luiz Gustavo im Sommer,  Kevin De Bruyne im Winter. Wer dann sagt, wir schütten nur so das Geld aus oder sogar von einer Retorten-Mannschaft mit VW-Geld spricht, der liegt einfach daneben. Nur zwei gezielte Verstärkungen. Glaubt man den kolportierten Ablösesummen, belaufen sich die Ausgaben für diese beiden auf rund 40 Millionen Euro, das enstpricht in etwa dem Lizenspieleretat des HSV oder aber ca 10 Millionen mehr als der der Eintracht. Geld, das sicher nicht über Zuschauereinnahmen oder internationale Wettbewerbe generiert wurde. Zu den Einnahmen kommen noch die Fernsehgelder, gestaffelt nach Platzierung. Dort liegt der VfL derzeit hinter Gladbach und Hannover – knapp vor Mainz.

Das Geld: Es ist in der Tat bezeichnend, dass Clubs, die fremdfinanziert werden, durch die Mehreinnahmen der TV-Gelder einen zusätzlichen Vorteil verbuchen können und dadurch Mittel freisetzen, um neben den Verpflichtungen eines deBruyne, eines Gustavo zusätzlich Jung ein Angebot unterbreiten, bei dem Eintracht Frankfurt niemals wird mithalten können, zumindest nicht solange, wie unter den jetzigen Bedingungen gearbeitet wird. Leider wird die Eintracht auch nicht sonderlich von der Ablösesumme profitieren, 2,5 Millionen werden gerüchtet, etwas mehr als es für Pirmin Schwegler gab, der Kapitän und der Nationalspieler verlassen die SGE zum Preis eines Caio.

Jetzt zeigen Beispiele der Vergangenheit, dass es durchaus machbar ist, auch mit bescheidenen Mitteln kurzfristig erfolgreich zu arbeiten – wie heuer Mainz oder Augsburg. Langfristig aber werden sich die Clubs halten, die über exorbitante Geldquellen verfügen, Rasenball Leipzig steht in den Startlöchern, Hannover 96 hat es geschafft, dass die alte Regel, die exclusiv für Leverkusen und Wolfsburg galt, geändert wurde, nun dürfen auch Sponsoren/Investoren, die einen Verein 20 Jahre lang unterstützt haben, die Kapitalmehrheit erringen und somit den Club lenken, dies würde 2017 in Hannover der Fall sein.

Peu a peu wird sich die Fußballwelt ändern, Vereine, die über keine Geldgeber verfügen, werden abrutschen, die anderen sich auf hohem finanziellen Niveau um die Sonnenplätze streiten. Solange es keine Regeländerungen gibt, werden weiterhin zwei bis drei Vereine absteigen und nur ein einziger Meister werden. Auch bei Eintracht Frankfurt wird sich in den kommenden Jahren die Frage stellen, wie und ob erstklassiger Fußball zu finanzieren ist – und welche Konsequenzen dies mit sich bringt.

Ich befürchte – nicht nur in Frankfurt – fürderhin ein belangloses buntes Spektakel zum Zwecke des Geldverdienens für die einen, zur Ablenkung vom Alltag für die anderen. Da wird es immer gleichgültiger, ob diese Ablenkung nun Fußball, Eurovision Song Contest oder Wok WM ist. Wenn kein anderer Wert mehr dem des Kapitals das Wasser reichen kann, blüht das illusionsreiche Spektakel – derweil das notwenige Geld auf Kosten derer verdient wird, die sich das Spektakel nicht leisten können. Solange man auf der Sonnenseite steht, könnte einem dies egal sein.

Und der Rest? Fährt im Sonderzug zur Endstation.

14 Kommentare

  1. HeinzGründel

    Alles richtig was Du schreibst.Ich seh auch keinen Weg wie man da wieder rauskommt.

    • Beve

      das ist ja das elend, stellschräubchen hie, stellschräubchen da – und die ballern 40 millionen raus. und erzählen vom gipskrieg. zum kotzen

  2. Stay Cold

    „…Peu a peu wird sich die Fußballwelt ändern, Vereine, die über keine Geldgeber verfügen, werden abrutschen, die anderen sich auf hohem finanziellen Niveau um die Sonnenplätze streiten. Solange es keine Regeländerungen gibt, werden weiterhin zwei bis drei Vereine absteigen und nur ein einziger Meister werden…“

    Dieses Szenario wird kommen, früher oder später. Und wir dürfen uns dann mit den anderen Abgehängten wie K’lautern, Düsseldorf und wie sie alle heißen im Unterhaus um die goldene Ananas balgen…

  3. rotundschwarz

    Es gibt keinen Weg „raus“, weil alles, was „raus“ wäre, sofort wieder eingesammelt wird. Das ist das Prinzip, nach dem alles – nicht nur im Fußball – funktioniert. Nur, was eingekastelt, benannt, institutionalisiert, verwaltet, vermarktet wird „ist“ – alles andere „ist nicht“, fällt hinten runter, taucht nicht mehr auf, und wer will das schon? Hurra, ich bin dabei. Dazu kommt, dass „wir“ das alles mittragen und – wenn auch auf andere Weise – mit befördern. Höher. Schneller. Weiter. Mehr. Funktionialisierte oder zumindest funktionalisierbare Kulisse. Wer weiter Fußball, wer weiter die Eintracht sehen will, ist quasi gezwungen alles, was in die falsche Richtung läuft, nicht nur billigend in Kauf zu nehmen, sondern zu unterstützen. So viel wahrhaftige und überschwänglich schöne und glückliche Momente es gab – leider, leider war auch unser europäisches Abenteuer ein Bausteinchen auf diesem Weg. Es muss wohl jeder selbst sehen, wie lange er bereit ist, da mit zu gehen.

    Der Weggang von Jung drückt schwer auf meine Seele. Es hätte zwar an der von dir beschriebenen Gesamtsituation nichts geändert, wenn er geblieben wäre, aber es wäre schön gewesen, wenn es zumindest ein kleines Lichtlein im Dunkel gegeben hätte. Ich wünsche ihm persönlich wirklich alles Gute, trotzdem fällt es mir schwer, ihm Glück auf seinem weiteren Weg zu wünschen. Scheiße.

  4. ThorstenW

    Geiles Lied für die Mittagspause im Großraumbüro ;-) und ja recht haste, leider!

  5. pia

    Frustrierend das Ganze. Einfach nur frustrierend.
    Aber leider Alltag. Da versucht jeder Spieler – aber auch Berater – für sich das Beste herauszuholen.
    Wenn ich dann den Ansgar im Museum höre, dann schlägt mein Fußballromantikerherz wieder. Leider gibt es solche Typen nicht mehr.

    • Beve

      eher selten. mal gucken, was sebi so in 15 jahren erzählt …

  6. fg-sge

    Freiburger Verhältnise bei der Eintracht. Was die jedes Jahr erleiden ,trifft uns dieses mal auch hart. Manchmal ist es nur ein Schulter Zucken wenn einer geht, manchmal Pisst es einen an (Sebi Jung und auch Schwegler zähl ich dazu). Wie richtig benerkt Beve, gibt es da kein halten. Die Großen fressen die Kleinen und viele der Großen haben nix geleistet um groß zu sein ! Echt ätzend ! Irgendwann sind die“Ehrlichen“ unter sich und dann wird der wahre Meister ermittelt :-)

  7. fg-sge

    Sorry Beve für das Geschreibsel mit ohne Absätz :-)
    Mit meinem Eierphon krieg ich das net anners.

    • Beve

      Geht schon :-)

  8. Goyschak

    Ich habe diese Saison mehr Spiele von Viktoria Bronzell http://www.viktoria-bronnzell.de/ oder http://www.borussia-fulda.de live im Stadion gesehen als Spiele der Eintracht.

    Bei der Viktoria (Gruppenliga) ist der Eintritt frei, die Thüringer vom richtigen Grill, das Bier (Hochstift) frisch gezapft und es gibt selbst gebackenen Kuchen zu kaufen. Der Fußball ist teilweise ganz gut anzusehen. An das Flair ein Spiel von einer Bierbank aus zu verfolgen, ohne Dauersingsang aber mit verbal teilweise echt hartem situationsbezogenen „Support“ ist kaum zu toppen.

    Bei der Borussia im Johannisstadion (sieht etwa so aus wie das Böllenfalltor mit geschrumpfter Minihaupttribüne) kostet es 2 Euro Eintritt (Frauen frei, Kassierer: „sonst kommen die ja nicht mit“ ;-) ) die Thüringer kommt vom Gasgrill und das Bier aus der Flasche. Stimmung: Null, der Fußball ist ok, aber zu schlecht für die Größe des Stadions.

    Eintracht macht auch noch Spaß. Aber wenn man sich – wie Du Beve – mit den Hintergründen befaßt und die nicht ganz ausblenden will oder kann, wird der Spaß zunehmend weniger.
    Ich jedenfalls baue mir jedenfalls langsam eine heimatnahe Fußballmethadonwelt auf, damit in ein paar Jahren der Zwangsentzug von der EIntracht nicht so hart wird. Und die Trikotfarben der beiden genannten Mannschaften machen den Umstieg auch nicht so schwer.

    Wenn ich, wie jetzt in diese Moderne-Fußball-Melancholie verfalle, kommt mir meist der Song „Three English Fottball Grounds“ von „I, Ludicrous“ in den Sinn. Läuft gerade auch nebenher: https://www.youtube.com/watch?v=POO4nk8l-FQ

    • Beve

      Ah, I Ludicrous, mit I stand around einer der besten fußballsongs ever. Gruß nach Bronnzell :-)

  9. Kid

    Für Pirmin Schwegler hoffe ich, dass er gesund bleibt, und Sebastian Jung wünsche ich wie Thomas Schaaf für die Zukunft viel Erfolg. Und über das leicht zu durchschauende Geschwätz von Typen wie Herrn Sanz ärgere ich mich (nicht) mehr.

    Was in den 70ern mal mit Chio Waldhof, Westfalia Goldin Herne und OLI Bürstadt in der 2. Liga angefangen hat, hat sich längst in der 1. Liga etabliert. Die Auseinandersetzungen über Namen und Logo der Leipziger Retorte sind doch Rückzugsgefechte in einem verlorenen Kampf. Irgendwann geht der Rest auch über Bord. Die alten Vereinsbezeichnungen werden zu Relikten für Romantiker und stören aus Marketing-Sicht nur noch bei der Platzierung des Produkts.

    Und die Älteren unter uns erkennen, dass sie bereits in ihrer Jugend einem Werbemärchen aufgesessen sind: Nicht die Milich, sondern die Kohle macht’s. Sogar eine Fußball-WM in Katar.

    • Beve

      klar, aber die dimensionen nehmen zu. oder wir erkennen sie besser. in meiner jugend gab es ja auch schon „pepsi“ heusenstamm im tischtennis. ob die wm tatsächlich in katar ausgetragen wird ist allerdings offener denn je. wobei es auch schon fast wieder wurscht ist.

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