Ein Sammelsurium aus dem angebrochenen Leben

„Wenn wir wollen …

… schlagen wir euch tot…“ hallte es von den Rängen. Da hatte Borussia Mönchengladbach es gerade versäumt, nach der Pause auf 4:1 davon zu ziehen. Das holte die Mannschaft, welche die ersten vier Spiele verloren hatte, dann in den restlichen Minuten gegen die Eintracht nach. 1:5 das Endergebnis. „Wenn wir wollen …“ Selten war fremdschämen so angesagt, wie nach diesem Spiel.

Es war klar, dass die Eintracht verliert, spätestens als in den sozialen Netzwerken darauf hingewiesen wurde, dass die Eintracht bei einem Punktgewinn die längste Serie ohne Heimniederlage seit Anno Dunnenskirchen eingestellt hätte. Ihr wisst ja, Das WennDannDing geht immer schief. „Wenn wir heute gewinnen, sind wir dritter.“ Das heißt sicher: Platz 12.

Eigentlich hätte ja Hans Meyer auf der Waldtribüne zu Gast sein sollen, dieser aber rief uns am Vormittag an. Krank war er, der Hans und wir wünschten gute Besserung und organisierten kurzer Hand Uwe Bein als weltmeisterlichen Ersatz, der dankenswerter Weise einsprang. Dazu begrüßten wir die E-1 Kicker des SV Hörstein sowie die Main Kinzig Fohlen auf der Bühne. Ein kleiner vorwitziger Gladbachfan tippte dann auch vollmundig auf einen 4:0 Auswärtssieg. Gelächter. Dies blieb dann später im Halse stecken.

Uwe Bein ist noch regelmäßig bei der Eintracht zu Gast, betreibt seine mobile Fußballschule, wo unter anderem Maurizio Gaudino mithilft, spielt Golf und hat noch gute Erinnerungen an Mönchengladbach: Gleich drei Tore erzielte er in seinem ersten Spiel gegen die Borussia. Damals allerdings noch im Trikot des OFC, was wir großzügig verzeihen wollen.

Das Stadion war nahezu ausverkauft, wie immer wenn Gladbach spielt waren viele Gästefans vor Ort und bei der Eintracht fand sich Stefan Aigner mal wieder auf der Ersatzbank wieder. Seferovic, der Angeschlagene, lief von Beginn an auf, ebenso wie Abraham, der Zambrano (Rippe) auf die Bank verdrängt hatte. Hasebe machte Sonderurlaub in Nordkorea – oder war’s die Eifel, für ihn kickte Flum vom Anpfiff an. Schon ab der ersten Minute machte Gladbach das Spiel, Traore stark, die Eintracht hampelte hinterher. Verdient dann das 1:0 durch Raffael. Die Eintracht wirkte wieder einmal planlos, behäbig, gedankenlangsam. Unverhofft dann der Ausgleich. Einen Rückpass auf Sommer erwischte Castaignos, Sommer berührte ihn, Elfmeter. Und zur Überraschung aller zückte Schiedsrichter Meyer die gelbe Karte. Wenn Karte, dann rot. Das Foul war nicht gelbwürdig, somit blieben zwei Konsequenzen. Entweder entscheidet der Schiri auf Foul ohne eine Torchance zu vereiteln, dann ist es ein kartenloser Elfmeter. Wenn er aber eine Karte zieht, dann hieße das Vereitelung einer Chance als letzter Mann, dann ist es rot. Bis zur Halbzeit regte ich mich auf, dann war’s egal. Eintracht Frankfurt hätte auch gegen neun Gladbacher den Arsch versohlt bekommen. Alex Meier verwandelte den fälligen Strafstoß, 1:1. Immerhin. Unverdient, aber immerhin. Im Fußball fragt niemand nach Gerechtigkeit. Das hat er mit dem Leben gemein.

Anschließend schnickte die Eintracht ein bisschen hin und her, Gladbach übernahm das Spiel und mit einem halbwegs glücklichen 1:1 ging es in die Kabine. Ich marschierte hoch in den Oberrang, die Stimmung war überschaubar. Da ich ein paar Minuten brauchte, um wieder unten zu sein, bekam ich die erste Gladbacher Chance nur erzählt, aber weiterhin drückte die Elf von Trainer Schubert, marschierte ein ums andere mal durch die Mitte, vergab Chancen und traf dennoch. 2:1, 3:1. Wenn wir wollen …

Wenn noch-Trainer Veh nach dem Spiel in der PK erzählt, dass die Eintracht dann das Spiel wieder halbwegs in den Griff bekommen hatte, dann lag das keineswegs an der eigenen Spielstärke, sondern schlicht und ergreifend an der Tatsache, dass Gladbach sich schonte und hinten sicher stand. Die Eintracht fand kein Mittel, weder Einzelaktionen, noch das Spiel über die Mitte noch über Außen brachte irgendwas nennenswertes zu Stande. Zu uninspiriert, zu schwach, zu langsam, zu planlos. Ein Kopfball von Flum, der halbwegs gefährlich aufs Tor kam, war alles, was Eintracht Frankfurt nach der desaströsen Niederlage in Ingolstadt zu Stande brachte. Auch die Einwechslung von Aigner und Djakpa für Castaignos und Stendera sollte daran nichts ändern. Folglich machten die Borussen, was man in solchen Fällen macht: Sie schossen Tore. Das 4:1 haben viele noch auf den Rängen erlebt, die sich nun merklich leerten, das 5:1 dann die Krönung. Nach der zweiten Hälfte gegen die Hertha, nach Ingolstadt, die nächste katastrophale Performance einer Eintracht, die personell zumindest auf dem Papier gar nicht so schlecht erschien.

Nachdem es die Truppe im letzten Jahr geschafft hatte, den ambitionierten Trainer Schaaf abzusägen, der Disziplinlosigkeiten nie in den Griff bekam und zuweilen unbeholfen wirkte, bekam sie nun den Trainer, den sie wollte. Und ist ein Spiegelbild dessen. Wenn es läuft, dann spielen sie sich in einen Rausch, wenn es nicht läuft, dann wirken sie planlos, antriebslos, ideenlos. Und es läuft nicht oft. Anstrengung scheint zu anstrengend, unbedingter Wille und Ehrgeiz, Teamspirit und Laufbereitschaft scheinen Fremdwörter, schöne Worte aber sind stets zur Hand. Man versteht sich.

Am Ende sind die Auftritte der Eintracht die konsequente Fortsetzung der anderthalb Jahre vor Schaaf: Nennenswert die internationalen Auftritte im Rampenlicht, zum Vergessen aber nahezu der gesamte Rest. Und da scheint es auch völlig egal, wer auf dem Platz steht. Man hätte es wissen können, ja müssen.

Die Höchststrafe waren dann auf der Pressekonferenz die tröstenden, ja mitleidigen Worte des Gästetrainers in Richtung Eintracht Frankfurt. Machen wir uns nichts vor. Wenn sich nichts ändert, gibt es mit Ansage eine rumpeliges, etwas unglückliches 0:1 in Hannover und gegen die Bayern ein 0:4. Dazwischen in Aue ein glückliches 2:1. Sagen wir so: Wenn ich ein Häuschen im Grünen weit weg von Frankfurt hätte und genügend Geld, um nicht mehr arbeiten zu müssen und mir jemand raten würde, mein Leben ohne Fußball zu genießen, ich würde es machen. Vielleicht würde ich sogar selbst auf die Idee kommen. Und denen meinen Job überlassen, die Bock darauf haben, diesen mit Leidenschaft auszuüben. Die Mannschaft aber hatte einen Schuss frei. Dieser traf Thomas Schaaf. Und nun?

34 Kommentare

  1. prinzhessin

    Nix nun. Sehenden Auges ins Verderben.

    • Beve

      Sieht verdammt danach aus.

  2. raideg

    Wenn wir wollen….
    Es ist so trostlos, das es mich kaum noch berührt.
    Die haben es nach 50 Jahren endlich geschafft, das ich das Gekicke dieser „guten Jungs“ nur noch Schulterzuckend zur Kenntnis nehme und mit der Tagesordnung weiter mache.

    • Beve

      Zumindest die angedachte Fahrt nach Aue fällt guten Gewissens weg. Das ist doch mal ein Anfang …

  3. Arschgeleckt

    Früher gabs für solche Leistungen Anfeuerungsboykott und Ähnliches heutzutage schlagen sie den Gegner tot (also wenn sie mal Lust dazu haben)…..
    Es ist Herbst in Frankfurt und gestern hat mich das Rugby WM Viertelfinale Neuseeland-Frankreich emotional mehr mitgenommen als das vorher 52 Minuten lang besuchte Fußballspiel….

    • Beve

      Mich hat mal jemand gefragt, weshalb bei „meinem“ Sport die Spieler immer so lange auf dem Boden liegen. Ich fragte ihn, welches denn sein Sport sei. Er antwortete Rugby. Ich so: Ah ja :-)

    • propain

      Früher gab es genauso Asisprüche, man sollte die Vergangenheit nicht immer so verklären.

  4. adlerkadabra

    Morsche, Axel.

    Zustimmung mit einer Einschränkung: die internationalen Auftritte musste sich die Mannschaft zuvor ja erst erarbeiten. Das immerhin haben sie geschafft. Die Nach-Aufstiegssaison, die hatte was, über größere Strecken.

    Jetzt stellt sich die Frage: was tun? Wo damit anfangen? Trainer austauschen? Mannschaft austauschen (die charakterlich Einwandfreien)? Vereinsführung austauschen? Diesen ganzen Scheissfußball austauschen, bei dem das Schicksal einer Mannschaft an stänkernden Auspufftöpfen hängt? Uns selber auswechseln, das wäre mal eine Ansatzpunkt.

    Ich glaube, ich les erst mal in einem guten Buch weiter.

    Schönen Sonntag noch, trotz allem – ak/Matthias

    • Beve

      Moin, das halbe jahr nach dem Aufstieg, das war toll. Mit Zweitligakickern nach Europa. Haben wir lange von gezehrt. Jetzt ist lesen eine gute Idee :-)

  5. Auberon Mole

    Sehr unangenehm das gestrige Spiel. Wollte eigentlich schreiben, dass das alles sehr schlimm sei. Aber schlimm sind andere Dinge auf der Welt. Fußball ist ein Spiel.

    Wenn gegen Hanoi, den Bayern Konzern und den FC SAP nicht mindestens vier Punkte eingefahren werden, dann sollte allerspätestens der Trainer gewechselt werden.
    Wenn ich’s mir recht überlege ist eine Dreier in Hannover Pflicht. Wenn das schon nicht klappt sollte Armin gehen.

    Mir fällt leider keine Alternative ein. Ich bin da sehr ratlos.

  6. ppp

    Nun wird ausgetrudelt.
    Geht ja um nichts mehr (ging es das überhaupt diese Saison?) und zum absteigen ist die Mannschaft zu gut. Ganz sicher.

    Hauptsache alle fühlen sich wohl, es ist ihnen gegönnt. Nicht.

    • Beve

      N.E.I.N. :-)

  7. Mittelbucher

    Konnte leider gestern mal wieder nicht im Stadion sein.
    Wenn ich aber ehrlich bin, macht mir das von Woche zu Woche immer weniger aus.
    Danke Beve, auf den Punkt gebracht. Wieder mal. Leider.

    • Beve

      Würde ja auch lieber feiern. Und loben. Schade halt.

  8. Toben

    Also mal ehrlich. Ich lese nur Mimimimi. „Heul Heul die sind alle doof“ Was ein Unsinn! So war es bei der Eintracht und so wird es immer bleiben. Ein stetiges auf und ab, ein Wechselbad der Gefühle. Wer das nicht aushält muss halt Bayern Spiele schauen. Gegen Köln feierten wir ein schönes 5:2 und Gestern haben wir 5 Tore kassiert. Und nun? Ich würde ganz platt sagen, MUND ABPUTZEN und weiter geht es! Und zum „Wenn wir wollen…“,das ist leider nichts neues. Da brauch man jetzt nicht einen tollen Blog daraus schreiben, das ist Heuchelei. Erstes mal im Stadion gestern? Ich empfehle ein Wechsel zu Bayern.

    • Auberon Mole

      Echt jetzt? Mund abputzen? Die letzten Spiele waren ein sportlicher Offenbarungseid. Also ich habe keinen Bock abzusteigen.
      Bin ich dadurch jetzt kein richtiger Fan mehr?

      Und warum ist es Heuchelei etwas nicht gut zu finden, nur weil es anscheinend „immer schon so war“. Ich finde es arm, dass die tolle Frankfurter Fankultur mit den vielen kreativen Leuten durch ein paar Vollhirnis direkt wieder miskreditiert wird. Die reißen mit dem Arsch ein, was man immer wieder behutsam aufbaut.
      Das ist Scheisse! Das darf man ja wohl mal sagen dürfen. Beve hat das charmanter ausgedrückt.

  9. Beve

    Köln war ein 6:2. Ansonsten hast du Recht. Ganz platt …

  10. prinzhessin

    @TOBEN
    Wirklich? Das ist deine Lösung, zu den Bayern zu gehen? Das Spiel gestern gesehen oder nur mit Singen beschäftigt gewesen?

    Gut, du feierst wahrscheinlich immer, unabhängig vom Spiel und Ergebnis, vielleicht wärst DU besser bei den Bayern aufgehoben, da haste wenigstens einen Grund zum Feiern.

  11. Toben

    Beve mein Kompliment, hätte ich nicht erwartet. Auf deine heuchlerische Antwort gebe ich nicht viel.

    Prinzhessin, deine Antwort ist… naja egal die ganzen Kommentare hier sind jetzt nicht das Wahre.

    Dann weint mal weiter…

    • Beve

      Machen wir.

  12. rotundschwarz

    Das schlimme ist: Wir – oder sollte ich sagen „die“ – sind sehenden Auges in diese Scheiße gelaufen. Man konnte, musste es vorher wissen. Der neue Vorstand damit beschäftigt, sich selbst in Position zu bringen (wichtige Stellschrauben für die Zukunft und so), ein Trainer, der – meines Erachtens wissentlich – vor allem als – sorry – Grüß-Gott-August und für die gute Stimmung („Menschenfänger“) zurückgeholt worden ist. Wird schon irgendwie gut gehen… Eben nicht. Von außen diskutieren wir über Rauten und flache Vieren – Armin Veh schwadroniert über die 2 Punkteregelung, die es seit über 20 Jahren nicht mehr gibt.

    Und die Mannschaft? Sehr schön gesagt: Sie hatte einen Freischuss und ist jetzt das Spiegelbild ihres Trainers. Sie müssen ihn jetzt mit durchziehen – und merken hoffentlich selbst, dass sie weniger clever sind als sie gedacht haben. Vom fußballerischen mal ganz zu schweigen.

    Ich war gestern leider nicht im Stadion. Leider, weil es mir – sentimental wie ich bin – fast wichtiger ist, in solchen Situationen bei der Eintracht zu sein als bei großen Siegen, weil ich es nicht nur sehen, sondern spüren möchte. Es ist die Eintracht, um die ich leide – nicht um die Mannschaft.

    • Beve

      „Es ist die Eintracht, um die ich leide, nicht um die Mannschaft.“ Ja, so ist das. Und ein klitzkleines bisschen Selbstmitleid :-)

  13. HappyAdlerMeenz

    @Rotundschwarz
    Jede SMS die ich dir gestern geschickt habe tat mir im Herzen weh.
    Das Spiel war zum weg schauen.
    Die Rufe wenn wir wollen schlagen………. fand ich genau so blöd wie d wir sind aus Frankfurt………………..
    Alles so primitiv

  14. fg-sge

    Hi Beve,
    ich mag den Veh, ohne Ironie. Trotzdem sollte man in der Winterpause gut rechnen/überlegen wie es weiter geht.
    So auf jeden Fall net !
    Habe dich selten so sauer erlebt, ist aber auch ne geile Kombination :
    Drecks-Fußball + Wenn wir wollen…

    • Beve

      Sauer bin ich. Ja. Und ich befürchte, es wird nicht besser.

  15. fg-sge

    Nachtrag, wenn der Veh merkt er kommt net weiter, schmeißt er eh hin.
    So viel Arsch in de Hos hat er ja.

  16. Arschgeleckt

    @ Beve: Wenn du mal längere Zeit in Neuseeland warst und du sehr gute Freunde dort hast, weißt du was denen Ihre Allblacks bedeuten. ….und beim Rugby werden Spieler während des laufenden Spiels auf dem Feld behandelt.

    By the way zum Glück bin ich ab dem Spiel in Mainz 3 Wochen im Urlaub und werde außet den Ergebnissen nix mitkriegen.

    • Beve

      Genieße die Zeit!

  17. goyschak

    Beim 1:3 habe ich ausgeschaltet. Habe ich selbst in der Tasmanenrückrunde unter dem Trainerimitat I nicht gemacht. War völlig offensichtlich, daß nix mehr geht.
    Nach Aue werde ich mich trotzdem mal begeben. Könnte eines der wenigen Erfolgserlebnisse bis Jahresende werden. Wobei. Drittligist, mit im Schnitt 0,5 Gegentoren pro Spiel. Weia, da müßte unsere Scheißraute (was hasse ich dieses Spielsystem, mindestens so wie Funkels häufige Dreierkette in der Abwehr) mal einen Sahnetag erwischen.
    Naja Hannoi und Bayern muß ich noch ertragen, dann bin ich erstmal weg.

  18. Beve

    Urlaub?

  19. Jürgen

    Frage eines Außenstehenden: woran scheitert’s momentan?

    • Beve

      Was genau?

  20. Stöffche62

    Das 0:0 in der Rückrunde gegen MGL war wunderbar. Genauso das letzte Spiel gegen Leverkusen. Aber in den Medien ständige Kritik am Trainer. Ich wollte auch an jenem Wochenende nicht glauben, dass Schaaf gehen würde. Also wieder Veh, was hatte das Stadion gebebt bei seiner
    Verabschiedung, niemand um mich herum, der nicht applaudiert hätte. St. – He. – Veh, nein, diese Achse gefällt mir nicht. Als wir Octagon im Haus hatten, war ich nicht im Stadion. Jetzt will ich, dass mein Verein eine Quittung bekommt, für das unfaire Verhalten gegenüber Herrn Schaaf.

  21. Goyschak

    Yep, Urlaub. Also erst auf ne Hochzeit und dann noch ein paae Tage Urlaub.

Kommentar verfassen

© 2024 Beves Welt

Theme von Anders NorénHoch ↑

%d