Ein Sammelsurium aus dem angebrochenen Leben

Eintracht Präsident Peter Fischer im Amt bestätigt

Es wurde ein langer Tag in der Heimat der Eintracht. Der Verein hatte zur Mitgliederversammlung gerufen, deren Beginn auf 12:00 Uhr festgesetzt wurde. High Noon am Riederwald. Doch lange Schlangen vor dem Einlass veranlassten die Gastgeber, den Beginn um eine Stunde zu verschieben – lange Gesichter bei den ersten, die gedachten, pünktlich zur Lindenstraße wieder zuhause zu sein.

Weit über tausend Mitglieder hatten sich auf den schneebedeckten Weg gemacht, immerhin präsentierte sich mit Reiner Schäfer erstmals seit der Amtszeit Peter Fischers als Präsident ein Gegenkandidat – der bislang aber in der Öffentlichkeit wenig Substanzielles aufzuweisen hatte. Mit Spannung wurde also sein Auftritt auf der Versammlung erwartet – doch dieser ließ auf sich warten.

Nach den Grußworten des Frankfurter Sportdezernenten Markus Frank, der dem amtierendem Präsidium Seriösität nebst Hartnäckigkeit in der Sache attestierte, referierten der amtierende Präsident Peter Fischer sowie Schatzmeister Thomas Förster über das vergangene Jahr. Dabei überließ es Fischer seinem Schatzmeister, den Gegenkandidaten und dessen im Vorfeld medial präsentierten Vorwürfe zu widerlegen. Insbesondere der Vorwurf der Abschluss eines Darlehens zu Wucherzinsen wurde entkräftet. Förster schien sichtlich angefressen und stellte klar, dass die finanzielle Situation des Vereins zwar nicht rosig, trotz der nicht vorhersehbaren Steuernachzahlungen durch Kreditneustukturierungen und Rückzahlungen der Weg für die Zukunft jedoch geebnet sei. Auch seien bereits 1% der Aktien, die ob kurzfristig notwendiger Liquidität an die BHF-Bank veräußert wurden, fristgerecht zurück gekauft. In den nächsten Jahren soll der Rückkauf der restlichen 4% erfolgen. Ziel der Eintracht sei es, weder das „Tafelsilber“ sprich die Anteile an der Eintracht Frankfurt Fußball AG, zu verkaufen, noch die AG selbst außerhalb bestehender Verträge anzuzapfen und zudem den Abteilungen kein Geld zu entziehen.

Sowohl Schatzmeister als auch Präsident nahmen potentiellen Kritikern den Wind aus den Segeln, als sie ausführlich auf die Abmeldung der U23 vom laufenden Spielbetrieb und die Einkünfte des Präsidenten eingingen, beide Punkte hatten im Vorfeld für Kritik gesorgt. Die Einkünfte des Präsidenten offen zu legen, wurde von der ehemaligen Frankfurter Sportdezernentin Sylvia Schenk gemeinsam mit dem Leiter der Koordinationsstelle der Fanprojekte, Michael Gabriel, im Sinne der Transparenz per Antrag gefordert. Doch noch ehe der Antrag gestellt wurde, lagen die Zahlen auf dem Tisch, der Antrag wurde anschließend zurück gezogen. Fischer erhält als Präsident, der über 500 Termine im Jahr wahrzunehmen hat, keine Vergütung. Jedoch bezieht er eine monatliche Aufwandsentschädigung von 2.000 Euro als Aufsichtsratsmitglied der AG, genau wie übrigens auch dessen Vorsitzender Dr. Wilhelm Bender. Zudem war es für den Verein aus steuerlichen Gründen notwendig, die Geschäftsführung der Tochterfirmen ProSports und der Liegenschaftsverwaltung auch mit einem Mitglied des Präsidiums zu besetzen, einen Posten, den bis zu seinem Wechsel in die Fußball AG Axel Hellmann inne hatte. Nunmehr bezieht Fischer als dessen Nachfolger ein Gehalt von 2.000 Euro für die Geschäftsführung ProSports, die Liegenschaftsverwaltung soll zurück in den Verein kehren. Dazu kommen jährlich ca 9.000 Euro Aufwandsentschädigung für Hotelkosten und Spesen. Die Versammlung nahm es gelassen zur Kenntnis, auch die Antragsteller Schenk/Gabriel konnten mit den Auskünften leben. Die Frage von Sylvia Schenk, wer diese Beträge festlegt, soll in einer Kommission erörtert werden.

Ein Höhepunkt der Versammlung war der Auftritt von Heribert Bruchhagen, der angeschlagen das Podium betrat, ein Fußballspiel im Trainingslager gegen Journalisten hatte ihm eine Muskelverletzung eingebracht, Bruchhagen erklärte, dass er nunmehr die Fußballschuhe an den Nagel gehängt hat. Im Rückblick auf die vergangenen Jahre bestätigte er, dass die Saison 2013/14 die beste seiner Eintrachtzeit gewesen sei – was natürlich mit dem Einzug der Eintracht in die Euro-League und dem dortigen Auftreten zusammenhängt. Vor allem Tel Aviv hat ihn nachhaltig beeindruckt. Dort hätten nicht zuletzt die Ultras die Nerven verloren – und mit ihm gesprochen. Über Fußball. Der Rückweg ins Hotel habe sich gezogen.

Die Versammlung verabschiedete später geräuschlos die Ausgliederung des Leistungszentrums in eine Tochtergesellschaft, Bruchhagen hatte sich in den Monaten zuvor vergeblich für eine Anbindung an die Fußball AG eingesetzt. Spannend wurde es, als der Abwahlantrag zum Verwaltungsratsmitglied Christian Geiser gestellt wurde, der trotz des Bekanntwerdens seiner Kandidatur zum Team von Reiner Schäfer weiterhin dem Verwaltungsrat angehören wollte, obgleich dieser ihm einen Austritt nahegelegt hatte. Da Geiser dies verweigerte, sollte die Mitgliedschaft darüber entscheiden. Obgleich neben anderen die FDPler Volker Stein und Hans Joachim Otto sich für ihn in die Waagschale warfen (es war der größte Auftritt der FDP seit Westerwelles 18% Schuhen) und Christian Geiser ausführlich über seine Situation referierte, entzog die Versammlung ihm mit einer Zweidrittel-Mehrheit das Vertrauen. Bislang war Reiner Schäfer noch nicht in Erscheinung getreten, der Anpfiff der Lindenstraße geriet für manch einen ins Wanken. Neue Ziele wurden gesetzt. Tatort um 20:15.

Die Abwahl Geisers hatte Schäfer sichtbar zugesetzt. In seiner Rede zu später Stunde sorgte er mehrfach für Kopfschütteln, da er sich in kleinlichen Powerpoint-Präsentationen zum Thema Finanzen verlor, keinerlei Hinweise zur Zukunftsgestaltung des Vereins hervor brachte und den Eindruck hinterließ, die frühen Neunziger, in denen er Geschäftsführer der Eintracht war, noch nicht ganz hinter sich gelassen zu haben. Das Ganze entbehrte nicht einer gewissen Tragik, da mit jedem Wort klarer wurde, dass diese Wahl verloren war. Da war keine Marionette, die das amtierende Präsidium im Auftrag seiner Mitstreiter unter Druck setzte, da war kein Kämpfer, der deutlich machte, dass nur er den Eintrachtkarren aus dem Dreck ziehen konnte, da war nur ein freundlicher älterer Herr, der zur falschen Zeit am falschen Platz war. Peter Fischer hätte anschließend keine große Worte verlieren müssen. Dass er dies aber dennoch tat, brachte seine Ziele kurzfristig ins Wanken. Und in der Tat wären weniger Worte auch präsidialer gewesen. Da lischt der Schäfer schon am Boden un der dappt als noch nei war am Nebenplatz zu hören. Zudem sah manch einer den Tatort gefährdet und überlegte aus reinem Trotz, sich kurzfristig um zu entscheiden.

Dazu kam es dann doch nicht, Schäfer zog seine Kandidatur zurück, die Mitgliedschaft feierte und wählte anschließend Peter Fischer mit nahezu ostzonaler Mehrheit für weitere drei Jahre ins Amt. Schäfer bewies Größe und gratulierte noch auf dem Podium als Erster. Die Mitarbeiter des e.V. atmeten auf, hatte ihnen der alte und neue Präsident für den Fall seiner Wiederwahl einen freien Montag versprochen. Den hatten sich alle aber auch redlich verdient. Und der Tatort wurde ja auf einsfestival wiederholt. Genau wie die Lindenstraße, somit waren die meisten zufrieden.

10 Kommentare

  1. Pia

    Glückwunsch an Peter Fischer!

    Eine denkwürdige Veranstaltung war das. Mit Spannung erwartet. Gespannt auf den Auftritt Schäfers. Welches As hat er im Ärmel? Hat er überhaupt eins?

    Im Nachhinein hat mir Herr Schäfer sogar leid getan. Es war eigentlich früh klar, wer diese Wahl gewinnen würde.
    Auch ich hätte mir abschließend weniger Worte von Peter Fischer gewünscht. Das hatte er nicht (mehr) nötig.

  2. Goyschak

    Vielen Dank Beve für den Bericht.

    Ein Frage. Du schreibst:
    „Vor allem Tel Aviv hat ihn nachhaltig beeindruckt. Dort hätten nicht zuletzt die Ultras die Nerven verloren – und mit ihm gesprochen.“
    Ich verstehe nicht, was mit dem Ausdruck „Nerven verloren“ gemeint ist.

    • Beve

      Originalton Bruchhagen: Die Nerven verloren meint, dass die UF und HB ansonsten nicht die allerbesten Freunde sind :-)

  3. rotundschwarz

    Vielen Dank für den Bericht. Ich habe den Tag arbeitend verbracht und per Ticker immer mal wieder am Riederwald vorbeigeschaut und die doch etwas ..mmh…gemischten Eindrücke, die ich hatte, werden hier beim Lesen bestätigt.

    Wie merkwürdig, dass Herr Schäfer im Vorfeld so kämpferisch, fast schon martialisch aufgetreten ist und dann ja eine wohl eher klägliche Figur abgegeben hat. The harder they come, the harder they fall… Warum hat der freundliche ältere Herr, als den du ihn beschreibst, sich das denn überhaupt angetan? Wessen Interessen war denn damit gedient? War der Ablauf der Veranstaltung so geplant oder ist die Schäfer-Rede durch das Hin-und-Her beim Thema Geiser so weit nach hinten gerutscht? Sicher hätte Schäfer, wie wir jetzt wissen, auch sonst keine Chance gehabt – aber als Herausforderer so wie die alt Fassnacht kurz vor Toresschluss und kurz vor Tatort anzutreten, war sicher kein idealer Zeitpunkt.

    Den Hund, der schon tot am Boden liegt, noch ein bisschen treten – find ich auch: Hätte nicht sein müssen. Und das Finale klingt dann am Ende fast ein bisschen wie Eintracht in alten Zeiten, wo man froh war, dass man manches vielleicht nicht ganz so genau gewusst hat. Über 90 Prozent? Du liebes bisje. Das nenne ich Alternativlos – Eintracht isch liebe disch :)

    Was bedeutet es denn mittelfristig, dass das Leistungszentrum als Tochtergesellschaft ausgegliedert wurde? Und welche Vor- (oder Nach)teile hätte es denn gehabt, wenn es, wie von HB präferiert, an die AG angegliedert worden wäre?

    • Beve

      Ich denke, dass Herr Schäfer durchaus die Möglichkeit gehabt hätte, schon früher ins Geschehen einzugreifen, bei diversen Aussprachen zum Beispiel. So wie es gelaufen ist, diente er unfreiwillig den Interessen des alten und neuen Präsidiums.

      Welche Vor- und Nachteile die Angliederung jeweils hätte, ist schwer zu sagen, zumal ich steuerlich eine Null bin – und das ist schon geprahlt. Da am Stadion kein Platz ist, dürfte das LZ örtlich so oder so am Riederwald verankert bleiben, egal unter wessen Leitung. Rumgurkerei zwischen Stadtwald und Riederwald ist eh notwendig.

  4. Holz

    Beve ich habe jetzt, da ich leider -oder zum Glück- nicht selbst anwesend sein konnte, einige Augen-und Ohrenzeugen des gestrigen Spektakels gelauscht, bzw. deren Darstellung gelesen. Du bist mir immer als kritischer Geist willkommen. Zu den sonntäglichen Ereignissen am Riederwalt erscheint mir Dein Bericht allzu milde. Keine deutlichere Kritik angezeigt am Verhalten des Präsidenten und seiner Getreuen gegenüber dem Kandidaten Schäfer? Stichwort „Nachtreten“! Kein Erwähnung des kolportiert unwürdigen Verhaltens eines großen Teils der Mitglieder, insbesondere gegenüber Frau Schenk und Herrn Schäfer. Ich habe wiederholt die Meinung gehört, dass auf solch einer Sitzung kein Alkohol mehr ausgeschenkt werden sollte….

    • Beve

      Im Großen und Ganzen war das alles relativ human seitens der Mitglieder, kein „mach disch da runner“ und keine Ohrfeigen vor laufender Kamera. Nein, ich trete nicht nach, nicht gegen die amtierenden Präsidium und nicht gegen Schäfer, der via BILD Politik gemacht hat und auch nicht gegen Frau Schenk oder Herrn Geiser, der auch eine gute Stunde gesprochen hat, ohne dass ihm ins Wort gefallen wurde. Wie gesagt, die letzte Rede Peter Fischers hätte ich abgekürzt. Herr Schäfer hätte nicht andeuten sollen, sich zu Fischers Privatleben äußern zu wollen, was von der Versammlung zu Recht unterbunden wurde. Ansonsten denke ich, dass nichts von nichts kommt.

  5. wib

    Sehr schön Beve.
    Hier auch meine Fotos dazu: https://www.facebook.com/media/set/?set=a.10204357743321827.1073742166.1177246814&type=1&l=95a91a0066

    War trotz allem, ein sehr gelungener Tag gestern.

    Ach ja zu Heribert: Die Ultras hätten die Nerven verloren, weil sie mit ihm „über Fußball“ geredet hätten.

    • Beve

      Das war für mich der Satz des Tages.

  6. wib

    Für mich auch….
    Alles im Allem war Heribert ziemlich gut drauf, fand ich.

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