Ein Sammelsurium aus dem angebrochenen Leben

2014 – So war’s Teil I

Stand 2013 noch für große Veränderungen, so darf ich konstatieren, dass in der Erinnerung an 2014 doch vorwiegend die Reisen in Erinnerung bleiben werden. Auch wenn sie meist nur kurz waren, so sind es die Momente, die bleiben – und vielleicht die Bilder. Die digitalen, die ihr zum Teil gesehen habt und diejenigen im Kopf, die mir alleine gehören. Begonnen hat das Jahr jedoch Neujahr mit einem Besuch am Grab Alfred Pfaffs.

Nachdem ich schon Ende 2013 mit der Eintracht nach Israel und Frankreich gezogen bin, so brachen wir zu Beginn des neuen Jahres mit der Reisegruppe der Fan geht vor nach Rom auf, hockten nachts an den spanischen Treppen, wanderten durch das Koloseum und sahen uns im Olympiastadion das Spiel zwischen dem AS Rom und Sampdoria Genua an. Sonntags fuhr ich alleine an den Strand von Ostia, dort, wo Pasolini ermordet wurde. Es war ein sonniger Tag, ich blickte auf’s Meer und hörte mir Songs von Bob Wayne an.

Ein paar Tage später marschierte die gesamte Familie anlässlich des 50. Hochzeitstages meiner Eltern durch den Geburtsort meiner Mutter, durch Mömlingen. Dort hatte ich die Wochenenden meiner Kindheit verbracht. Hinter dem Haus wuchsen die Äpfel, die im Herbst gekeltert wurden, hier spielten wir Fußball auf der Straße und durchstreiften den Wald in kurzen Hosen. 1975 starb mein Stief-Großvater, das Haus wurde verkauft, ein Teil der Kindheit war vorbei.

Vorbei war auch die Zeit Uwe Beins bei der Frankfurter Eintracht. Und genau darüber erzählte der Weltmeister von 1990 im Museum von Eintracht Frankfurt

Im Februar spielte die Eintracht dann gegen Porto, für mich wurde ein Traum wahr: Ein Pflichtspiel der Eintracht in Portugal. Doch zuvor stand ein spektakuläre Ereignis in Frankfurt an: Die Sprengung des AfE Turmes an der Uni. Mitte der Achtziger hatte ich dort studiert, fuhr mit den ratternden Aufzügen in die obersten Etagen, wobei ich die meiste Zeit jedoch bei den Germanisten verbracht hatte. Dort, vor allem im Institut I, war es heimeliger. Nun fiel der Turm vor hunderten Zuschaueraugen nach der Sprengung in sich zusammen und wurde Teil der Frankfurter Geschichte. Wie der Henninger Turm, die Batschkapp in Eschersheim und das Sudfass. Letzteres kannte ich ja nur aus meiner Zeit als Kutscher. Auf der einen Seite lieferte ich dort Fahrgäste ab, die sich fernab von Weib und Kind vergnügen wollten, auf der anderen Seite belieferte ich die Damen des Hauses mit Speisen, die ich meist von einem Thai im Sandweg abholte und den barbusigen Mädchen in die Hand drückte.

Pia und ich hatten schon kurz nach der Auslosung für den Europacup einen Flug nach Lissabon gebucht, der erste Weg führte uns dann nachts an den vielbesungenen Tejo. Wir durchstreiften die Stadt am folgenden Tag, futterten Pasteis in Belem und Cataplana in der Alfama und rollten dann mit einem Mietwagen die Küste entlang. Blickten in Peniche aufs Meer, hockten am Strand von Nazaré und erreichten Porto, nachdem uns ein Stein in die Scheibe geflogen war. Porto stand im Zeichen des Portweins, der gebratenen Sardinen und Hähnchen und natürlich im Zeichen der Eintracht. Mit jedem Tag landeten mehr Frankfurter am Douro, bis die Stadt am Spieltag fest in Eintrachthand lag. Die einen marschierten über den Highway zum Stadion, wir aber genossen vor dem Spiel eine Führung durch den Portweinhersteller Taylor´s und landeten dennoch pünktlich am Stadion. Am Ende hieß es 2:2, die Eintracht hatte ein 0:2 aufgeholt und die Stimmung im Estadio do Dragao war prächtig.

Wenige Stunden vor dem Heimspiel gegen Werder Bremen waren wir wieder in Frankfurt gelandet, wenige Tage später hatte sich der Traum von Europa ausgeträumt, das 3:3 im Rückspiel gegen Porto war zu wenig – trotz 2:0 Führung der Eintracht. Allenthalben wurden Tränen getrocknet.

Im März gratulierte im Museum Ansgar Brinkmann der Eintracht zum 115. Geburtstag, es wurde ein unterhaltsamer Abend mit vielen Anekdoten. Im Garten blühten die Kirschen, es waren warme Tage. Wir marschierten durch die Stadt auf den Spuren der Eintracht, besuchten das Haus der Werkstatt des Eintracht-Gründers Albert Pohlenk und warfen einen Blick auf die einstige Drogerie von Richard Kress. Die Eintracht im Jahr 2014 steckte im Abstiegskampf, das Museums-Team raffte sich auf, um die SGE beim Spiel in Nürnberg zu unterstützen. Dies gelang vollständig. Nach einer Führung durch das kleine Museum des 1. FCN mit Günther Koch erlebten wir einen 5:2 Auswärtssieg der Eintracht, der zwischenzeitlich an einem seidenen Faden hing.

Etwas später fuhr ich mit Flo zum Bieberer Berg, die U23 sollte dort gegen den OFC in der Regionalliga antreten – wir wussten noch nicht, dass es vorerst der letzte Auftritt der zweiten Mannschaft der Eintracht dort werden sollte. Die Partie ging mit 1:0 verloren, der ein oder andere Zuschauer beschimpfte alles, was mit Frankfurt zu tun hatte grob unflätig – und kurz darauf war auch die Amateurmannschaft der Eintracht Geschichte. Sie wurde nach der Saison vom Spielbetrieb abgemeldet, die Konzentration liegt nun auf dem Nachwuchs der U19 und U17.

Wir nutzen den Frühling, um die Eintracht in Hoffenheim zu unterstützen, besuchten einige Amateurspiele, darunter das Abschiedsspiel in Koblenz, feierten die Kommunion meines Neffen, der bald mehr über die Eintracht weiß als ich und verbrachten die Freizeit meist bei einem Feuerchen im Garten. Zwischenzeitlich wurde die U15 Süddeutscher Meister während die Eintracht zuletzt dann doch souverän den Klassenerhalt schaffte. Während die einen über den teils wenig ansehnlichen Fußball schimpften, freuten sich die anderen über die Erinnerungen an die Europareisen und wussten, dass es so oder so weiter geht.

Der Juni hatte gleich ein paar Highlights parat. Pia und ich besuchten bei strahlendem Sonnenschein den Hessentag in Bensheim und dort vor allem das Konzert von Anna Depenbusch im kleinen Sternenzelt, wenig später war ich mit Markus bei Bob Wayne in Darmstadt und schon feierten die Sportfreunde Ostheim ihr 90jähriges Jubiläum. Die Traditionsmannschaften von Ostheim und der Eintracht kickten vor ausverkauftem Haus gegeneinander, ich hatte die Ehre, dank meines Freundes Frank das Ganze zu moderieren und zu guter Letzt gewann Pia einen Fernseher. Rundum gelungen die Veranstaltung sozusagen.

Für großes Medienecho sorgte dann die Einweihung des „Yeboah-Hauses“. Matthias Weinfurter und Dominik Dresel hatten die Idee, eine Hausfassade zum Zeichen der Toleranz mit dem Konterfei von Tony Yeboah zu besprayen. Das Fanprojekt Frankfurt fand diese Idee preiswürdig und zeichnete die beiden Künstler mit dem „Im Gedächtnis bleiben-Preis“ aus. Wenige Monate später wurde das Vorhaben gegenüber der S-Bahn Station Niederrad in die Tat umgesetzt. Zur Einweihung erschien Yeboah höchstpersönlich – und dies am Tag de WM-Spieles Deutschland gegen Ghana. Ein paar Tage später wurden auf Anraten der Eintracht dann Stolpersteine an der Kennedyallee zur Erinnerung an den von den Nazis vertriebenen Juden Walter und Charlotte Neumann verlegt, die in den Zwanzigern und beginnenden Dreißigern Mitinhaber der Schuhfabrik Schneider waren, welche die Eintracht seinerzeit gr0ßzügig unterstützt hatte. Mit der Nachtübernahme der Nazis mussten die Neumanns fliehen, der Besitz wurde arisiert. Im Gegensatz zu vielen anderen war die Flucht Neumanns gelungen, sie wurde in England heimisch – und fabrizierte weiterhin Schuhe. Seine Enkel kehrten jetzt nach Frankfurt zurück und nahmen sichtlich bewegt an der Zeremonie teil. Und auch ein Denkmal wurde am Stadion eingeweiht, zur Erinnerung an diejenigen, die zwischen 33 und 45 plötzlich nicht mehr auf den Rängen standen, obgleich sie all die Jahre zuvor zur Eintracht gegangen sind.

6 Kommentare

  1. Kid

    Ein (halbes) Jahr wie im Zeitraffer und ich stelle fest, (wieder mal) einiges versäumt zu haben. Wobei: So richtig verpasst habe ich es ja dann dank Dir und Deinem Blog doch nicht. :-)

    • Beve

      Versäumt? Du hast zwar das nicht erlebt, aber dafür anderes. Einiges davon habe ich sogar gelesen :-)

  2. rotundschwarz

    Schön. – Erinnerungen an ein Jahr voller Gegenwart und voller Erinnerungen an andere Zeiten, Jahre, Erlebnisse. Ich glaube, das sind generell die Momente und Erlebnisse, an die wir uns am nachhaltigsten erinnern… wie ein perpetuum mobile der Zeit……die Erinnerung an die Erinnerung des Erinnerten… Die erfüllteste Gegenwart ist immer die, in der die Gegenwart so gegenwärtig ist, dass die Vergangenheit in ihr durchscheint und die Zukunft mitschwingt.

    • Beve

      Gegenwart und Zukunft, nichts wäre es ohne Vergangenheit. Und eine Vergangenheit ohne Zukunft ist keine Gegenwart. Mögen noch viele Abenteuer bevorstehen :-)

  3. fg-sge

    Tolle Eindrücke, vielen Dank Beve. Pia und dir ein gesundes 2015.

    • Beve

      Danke mein lieber, dir auch :-)

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