Ein Sammelsurium aus dem angebrochenen Leben

Karl Konstanz Viktor Fellner

Manch Frankfurter Bürgermeister ist auch heute noch wohlbekannt, so Walter Kolb, der gerne im Main schwamm und zudem dafür gesorgt hat, dass das Nachkriegs-Frankfurt aus Ruinen entwuchs. Oder Franz Adickes, unter dessen Ägide Frankfurt zur Großstadt heranreifte, nicht zuletzt durch viele Eingemeindungen umliegender Orte wie Oberrad oder Seckbach und vieler anderer heutiger Stadtteile.

Auch der Bau der Festhalle fiel in Amtszeit Adickes, der von 1890 bis 1912 Bürgermeister von Frankfurt war und damit der Regent mit der längsten Amtszeit. Nahezu in Vergessenheit geraten ist aber ein anderer, der letzte Bürgermeister der freien Stadt Frankfurt, Karl Konstanz Viktor Fellner. Das ist eigentlich skandalös. Noch skandalöser aber war die Annektion Frankfurts durch die Preußen im Jahre des Deutschen Krieges von 1866. Frankfurt, stolzer Stadtstaat, vor dem Krieg Hauptsitz des Deutschen Bundes, war fortan nur noch ein Teil des Regierungsbezirks Wiesbaden in der Provinz Hessen-Nassau, Teil des Königreichs Preußen. Der Herausgeber der Latern, der Mundartdichter Friedrich Stoltze musste fliehen, nicht zuletzt aufgrund der antipreußischen Haltung der Zeitung, dessen Redaktion von den Preußen besetzt wurde.

Die Frankfurter aber mussten Zahlungen leisten. Zunächst erfüllten sie die preußischen Forderungen von 5,8 Millionen Gulden. Die zweite Forderung aber von 25 Millionen Gulden (Laut Wiki 250 Millionen Euro, aufzubringen von 35. 000 Frankfurtern) stellte die Stadt unter dem Älteren Bürgermeister Fellner vor massive Probleme, die Frankfurter lehnten es ab, für die Preußen auszubluten. Preußen drohte mit Plünderung und Bombardement. Als die Preußen verlangten, die Besitzverhältnisse der Frankfurter offenzulegen, stand Fellner im Konflikt zwischen seiner Loyalität zu den Frankfurtern einerseits und seinem Eid als Bevollmächtigter der Preußen andererseits – und er löste diesen Konflikt auf tragische Weise. Am Tage seines 59. Geburtstages erhängte er sich in seiner Wohnung in der Seilerstraße.

Aus der stolzen freien Reichsstadt Frankfurt, der freien Stadt Frankfurt, der Hauptstadt des Deutschen Bundes war nun eine Provinzstadt geworden. Und das liebe Preußen haben wir bis heute nicht vergessen. Nieder mit Preußen. Rache für Fellner. Für eine freie Stadt Frankfurt – ohne die Knechtschaft Berlins. Wiesbaden möge Hessen regieren, Frankfurt regiert sich selbst.

Die Geschichte der Annektion hat übrigens Alexandre Dumas in seinem Buch Der Schleier im Main niedergeschrieben, jener Dumas, dessen Musketiere weltberühmt geworden sind.

*Das Eingangsbild von Karl Konstanz Viktor Fellner ist Wikipedia entliehen

12 Kommentare

  1. Eintracht-Laie

    Wie meist, so auch dieses Mal etwas gelernt! Vielen Dank.
    Der Wiki-Artikel hat zusätzliche Wissenslücken gefüllt.

    P.S. Ich bin bereit für die Revolution und die Freiheit für Frankfurt.
    Emailadresse haste ja, aber wenn möglich den Aufstand und Marsch auf Berlin nicht an einem Heimspieltag starten. Und nicht mittwochs, da treffen wir uns zum Skat. Und nicht an Stammtischtagen der FuFa!
    Aber sonst jederzeit :-)

    • Beve

      Ich würde es mit dem Pokalfinale verknüpfen, 2016 holen wir uns die Stadt zurück und die Eintracht den Pokal :-)

  2. Pia

    Pokal und Schale. So quasi als Untertasse für den Pokal.
    Bin dabei.
    Bitte als Programmpunkt aufnehmen:
    Eine Fluss-Badeanstalt für Frauen und Mädchen!

    • Beve

      Na, und die Jungs?

  3. Pia

    Die brauchen kein Bad. Die müssen kämpfen! :-)

    • Beve

      :-)

  4. Schnellinger

    Die Müdder von den Preußen tragen Uhren.

    • Beve

      Wir sind aus Frankfurt und nicht aus Hessen …

  5. Schnellinger

    Eben. Alles außerhalb der Warten ist Scheiße.

    • Beve

      Gut, dass es Richtung Bornheim keine mehr gibt :-)

  6. Kid

    Wieder etwas gelernt. Schön! Zwei Fragen habe ich: Wie bist du auf die Idee zu diesem Eintrag gekommen? Und: Gibt es einen Besitz, der ein Leben wert ist?

    • Beve

      Ne, eigentlich nicht.

      Außer Frankfurt. Ne, im Ernst, mir spukt Fellner schon länger im Kopfe herum – und mit ihm die Geschichte der preußischen Annektion. Und da ich mich gerade mit WK 1 beschäftige, lief er mir erneut über den Weg. In zwei Jahren jährt sich die Geschichte zum 150. mal. Und spätestens dann will ich Frankfurt selbständig und frei sehen :-)

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