Ein Sammelsurium aus dem angebrochenen Leben

Wirklichkeit, heute: In Mannheim

Um der Nostalgie des geerdeten Traumes von Europa ganz unsentimental die raue Wirklichkeit entgegen zu setzen, hieß es am Freitag abend für Flo, Thor und mich: Auf nach Mannheim, die U23 der Eintracht spielt. Wir mussten keinen Flug buchen, kein Hotel reservieren, nein, wir setzten uns ganz traditionell ins Auto und fuhren los.

Die Autobahn nach Mannheim – klingt anders, als Road to Porto, aber seis drum. Bei Lorsch staute sich der Verkehr, die gegenüberliegende Fahrbahn war ob eines Unfalls vollgesperrt, aber wir waren rechtzeitig vor Ort, Parkschein und Eintrittskarten waren hinterlegt und wir durften sogar dank eines freundlichen Ordners noch bevor wir den Parkschein in Empfang genommen hatten aufs Gelände. Gut, portzugiesisch ist einfacher zu verstehen als der hiesige Dialekt – aber in der Fremde verstehen sich die Fußballfans auch mit Hand und Fuß.

Nur wenige Frankfurter verloren sich auf den Stehplätzen des Carl Benz Stadions, natürlich waren die Europareisen Thema während es in Strömen goss und der Wind durch die Ränge pfiff. Gegenüber, auf der Otto-Siffling-Tribüne, hatte sich ein ganz ordentlicher Waldhof-Mob versammelt, der deutlich machte, dass er vom OFC nichts hält, so etwas verbindet.

Otto Siffling ist eine Waldhof-Legende, der erste Fußball-Nationalspieler des SVW, WM-Teilnehmer 1934, der viel zu früh verstorben ist, 1939, im Alter von nur 27 Jahren, die Waldhöfer halten das Gedenken an ihn in Ehren.

Anpfiff, die Eintracht in schwarz-weiß mit Özer im Tor und Kempf in der Innenverteidigung, Waldhof in grün und im Tor mit Kevin Knödler, der einst das Eintracht-Trikot getragen hatte. 2.934 Zuschauer sahen ein Regionalligaspiel mit wenig Höhenpunkten, welch ein Unterschied zur Europa-League. Aber auch in den unteren Regionen gehen die Leute mit Herzblut mit, gibt es VIP-Räume und Pressekonferenzen. Durch das unmittelbare Erlebnis wird mir noch bewusster, was es eigentlich heißt, mit der Eintracht unterwegs zu sein, in der Bundesliga und Europa, immerhin hat Waldhof vor gar nicht so langer Zeit gleichfalls in der ersten Liga gekickt – und ist als Traditionsverein durchaus ambitioniert, auch wenn es wenige Tage vor dem Spiel hinter den Kulissen mächtig rumorte, vier Aufsichtsratsmitglieder, darunter der ehemalige Eintracht-Vorstand, Dr. Thomas Pröckl, hatten ihr Amt niedergelegt.

Während sich die Kurven der gegenseitigen Ablehnung des OFCs versicherten, entwickelte sich auf dem Rasen eine Partie, die man später als typisches 0:0 hätte einstufen können, hätten nicht zwei Eintrachtler in der 37. Minute den Ball im Strafraum verhampelt, Sökler ging humorlos dazwischen, das 1:0 sollte auch den Endstand bedeuten. Fortan hielt sich das Häuflein Áufrechter im Eintrachtblock bedeckt, wir wanderten auf die Hauptribüne und sahen eine zweite Halbzeit, in der die Eintracht zwar feldüberlegen war und auch technisch den anspruchsvolleren Fußball zeigte, ohne jedoch zwingende Chancen herauszuspielen. Ein, zwei Mal rauschte der Ball am Pfosten vorbei, das war’s. Waldhof erwies sich als die robustere Mannschaft und zog mit der Eintracht nach dem Heimsieg in der Liga gleich.

Beide Trainer waren sich anschließend einig, dass noch einiges an Arbeit vor ihnen liegt, Alexander Schur zeigte sich mit dem Spiel der kleinen Eintracht  bis zum Strafraum zufrieden – und in der Tat konnte man dem Team seitens der Einstellung keinen Vorwurf machen, allein im Sechzehner zeigte sich die zweite Garnitur wenig zwingend und zu ballverliebt.

Wir umrundeten zum Abschied das Carl Benz Stadion, marschierten am überschaubaren Fanshop und am Container des Fanprojektes vorbei und rollten anschließend sicher nach Hause. War schon irgendwie anders als noch vor wenigen Tagen, aber durchaus fußballromantisch.

4 Kommentare

  1. Kid

    Danke fürs virtuelle Mitnehmen, Beve, und die Informationen über Otto Siffling.

    Wie die Zeiten sich ändern: Die Ultras der Eintracht und der Waldhöfer verbindet heute eine Freundschaft, als die Mannheimer erstmals in der Bundesliga aufkreuzten, gab es zwischen den damaligen Lagern regelmäßig was auf die Ohren.

  2. Beve

    ja, das ist ein großer unterschied, wobei heute bzw am freitag kaum ultras vor ort waren. am nächsten wochenende spielt waldhof übrigens beim ofc. dürfte auch kein freundschaftsspiel werden :-)

  3. Carlo

    Otto Siffling „Sein letztes Länderspiel bestritt er am 24. April 1938 in Frankfurt am Main beim 1:1-Remis gegen Portugal.“
    Damit sich der Kreis schliesst.

    • Beve

      und damit hat sich der kreis perfekt geschlossen, vielen dank!

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