Ein Sammelsurium aus dem angebrochenen Leben

Der moderne Fußball – oder aber Adler Ochs wird Wolf

Im vergangenen Winter hat der VFL Wolfsburg Srđan Lakić verpflichtet, einen Stürmer, der noch bis zum Saisonende beim 1.FC Kaiserslautern unter Vertrag steht. Das wäre eigentlich nichts besonderes, hätte es nicht dieses ominöse Foto gegeben, worauf Lakić als Angestellter der Pfälzer stolz ein Trikot der Firmenmannschaft präsentiert. In einem Rahmen, in dem sowohl Lautern als auch Wolfsburg Konkurrenten im Kampf um den Klassenerhalt sind – und pikanterweise am vorletzten Spieltag gegeneinander anzutreten haben. Was mag im Kopfe von Lakić vorgehen, der weiß, dass er bei einem Erfolg seines jetzigen Arbeitgebers den neuen eventuell in die zweite Liga schießt – und sich dazu gleich mit.

Dazu kommt, dass zwei Spieltage vor Ende der Saison bekannt wird, dass der Spielführer der Frankfurter Eintracht – einem weiteren direkten Konkurrenten im Kampf um den Ligaverbleib – nach Saisonende gleichfalls nach Wolfsburg wechseln wird. Die offizielle Homepage von Patrick Ochs gab höchstselbst den Hinweis.

Dass Ochs mit seinen Gedanke seit der Winterpause wo auch immer, nur nicht bei der Eintracht ist, scheint in den letzten Spielen offensichtlich; der Gedanke aber, dass er als Kapitän aufläuft, wirkt in Kenntnis des bevorstehenden Wechsels geradezu grotesk. Von daher gibt es gar keine andere Möglichkeit, als Ochs in den nächsten beiden Spielen nicht spielen zu lassen – und die Kapitänsbinde einem anderen Spieler zu geben. Ochs steht wie Lakić vor der Wahl, mit einer starken Leistung seinen jetzigen Arbeitgeber  in der Liga zu halten, um damit seinen neuen – und dadurch sich selbst eventuell eine Etage tiefer zu schießen, oder aber – wie schon in der gesamten Rückrunde – weiter zu versagen, um den Klassenerhalt des VFL Wolfsburg zu sichern. Damit hat Wolfsburg mit der vorzeitigen Verpflichtung und der vorzeitigen Bekanntgabe der Wechsel gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen; nämlich optionale Verstärkungen für die kommende Saison an Land gezogen und die abgebenden Vereine schon während der laufenden Saison verunsichert. Lautern brauchte eine Zeit, um sich davon zu erholen, man denke an die vergebene Großchance von Lakic im Spiel gegen die Eintracht. Diese wiederum hat keine Zeit, sich zu beruhigen. Zwei Spiele stehen an; nach der Partie in Mainz sowie der medialen Inszenierung der Vorkommnisse nach dem letzten Wochenende incl Selbstdarstellung im Rücken sind die Nerven auf allen Seiten zum zerreißen gespannt. Wolfsburg also.

Jener VFL Wolfsburg, der im Gegensatz zu Aufsteiger Kaiserslautern und der Eintracht seinen Etat nicht allein aus den drei Säulen Sponsoring, Marketing/Ticketing und TV-Einnahmen bestreiten muss, sondern auf die Kasse des VW-Konzerns zurückgreifen kann – und damit für legale Wettbewerbsverzerrung in dreifacher Hinsicht gesorgt hat. Manche mögen dies clever nennen.

Den Spielern kanns egal sein, sie verdienen ihre Millionen so oder so. Dass ich jetzt aber hier sitze, und nicht weiß, ob ich meinen Neffen Timm mitnehmen soll, weil ich ihm eine optionale Eskalation im Stadion ersparen will, das verzeihe ich ihnen nicht. Dass diejenigen, die vor allem vom Nachwuchs geliebt werden, auf den Träumen der Kids herum trampeln; dass sie jegliches Ehrgefühl vermissen lassen und als Vorbild, als Kapitän nicht mehr taugen, als ein abgehalfteter verlogener Politiker, dass verzeihe ich ihnen nicht. Und kommt mir nicht damit, dass es im Geschäft sowieso keine Moral gibt. Das mag sein. Aber einen Funken Würde, dass hätte mir gefallen.

Dazu haben wir einfach zu wenig Zeit. Statt Pizza essen zu gehen, sollten wir uns lieber ausruhen und erholen.

Patrick Ochs – damaliger Kapitän der Eintracht – als Nachfolger von Alfred Pfaff, Jürgen Grabowski, Bernd Hölzenbein, Charly Körbel oder Alex Schur auf die Frage, ob es nicht sinnvoll sei, sich mit der Mannschaft zusammenzusetzen, wie es sein Vorgänger Christoph Spycher in Krisenzeiten gemacht hat.

20 Kommentare

  1. UliStein

    Dem kann man nur vorbehaltlos zustimmen.

  2. z-heimer

    Danke für diese treffende Zusammenfassung. Das Fazit kann nur lauten: Ochs sofort aus dem Kader streichen! Anderenfalls besteht die Gefahr, dass Dinge hoch kochen, die wir bei der aktuellen Situation Frankfurt überhaupt nicht gebrauchen können.

  3. Andy

    Ich putze übrigens am Samstag mein Klo.

  4. Aabeemick

    Wie heisst es heutzutage so schön: 100% agree.

    Patrick Ochs ist damit neben Herrn Jones ein aussichtsreicher Kandidat in der Kategorie „SchleKaZ“ bei der Eintracht.

  5. robertz

    Beve, Du bist ja nicht gerade fürs Spieler-Bashing bekannt. Dein Beitrag ist natürlich auch kein Bashing, aber so deutliche Worte habe ich von Dir nur selten – vermutlich nie – gelesen, wenn es um einen aktuellen Kicker der Eintracht geht.

    Ich unterschreibe jedes Wort.

    Ich vermute, PO wird wohl nicht in den Eintracht-Olymp aufgenommen werden, wie Grabi, Tony oder Binde.

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass Daum ihn im letzten Heimspiel den Fans zum Fras vorwirft. Und wenn, dann wird man die Pfiffe vermutlich bis Wolfsburg hören. Dem Sensibelchen werden die Knie schlottern.

    Er wird viel mehr Kohle verdienen als bei uns. Sein neuer Arbeitgeber öffnet die Schatulle nicht nur für brasilianische Edelnutten. Aber er wird nie mehr von Tausenden Fans zu Auswärtsspielen begleitet.

    Alles Gute, Öchsleinchen!

  6. Beve

    hier geht es ja nicht nur um die spieler, sondern um wettbewerbsverzerrung. es ist ein elend. und ob den ochs jetzt 50 oder n paar tausend fans begleiten, das ist doch wurscht. ihn begleiten auf alle fälle ein paar taler. und mein fluch :-)

    klo putzen. ja gut, ich sag mal auch ne möglichkeit. hab grad n wm-trikot von beckenbauer 1974 zuhause rumfliegen :-)

  7. HeinzGründel

    Ich mein, ich glaub ja immer irgendwie ans Gute im Menschen. Aber es fällt zunnehmend schwerer.

  8. sitzfussballer

    Danke Beve, Du hast meine Gedankenwieder in einigermassen geordnetete Bahnen gelenkt. Die ganze Zeit war PD noch mit dem Adler auf der Brust auf meinem Radar. Das Formtief war ihm gewährt; aber seit heute morgen beherschen meine Gedanken nur unendliche Wut. Die Enttäuschung sitzt zu tief.

    Deinem Fluch schließe ich mich an, bastel gerade an einer Voodoo-Puppe mit roten Haaren

  9. pia

    geht mir genauso, heinz.
    macht alles irgendwie keinen spaß mehr!

  10. ostend

    <>

    danke. genau das (nur viel unsortierter) ist mir auch durch den kopf gerauscht.

    ich frag mich schon länger, warum man sich als vernunftbegagter erwachsener dieses produkt „profifussball“ immer noch reinzieht.

    vielleicht braucht es noch ein paar oxen…

  11. kreuzbuerger

    meiner nicht mehr vorhandenen hoffnung auf den klassenerhalt hat die meldung den endgültigen todesstoß versetzt. klar war ja schon, dass er wechseln würde. und nach dem winter-hickhack wars auch net so unwahrscheinlich, dass wolfsburg in die verlosung kommt.

    ich hätte mir auch durchaus vorstellen können, dass er seine „normale“ leistung bringen würde, wenn die nachricht noch geheim geblieben wäre. aber so? nachm ersten fehlpass ist doch die stimmung dahin. man tut doch niemand einen gefallen, wenn man den noch am samstag kicken lässt…

    • Schnellinger

      Auf das was Ochs momentan als „normale“ Leistung bringt kann ich ehrlich gesagt gut und gerne verzichten. Schon seit längerem.
      Daum wird nichts anderes übrigbleiben als den daheim zu lassen, in dieser Situation einen auf den Platz zu schicken der von den ehemals „eigenen“ Fans nur ausgepfiffen wird wäre ein Disaster. Aber das ist es eh schon alles. Die Mudder aller Drecks-Saisons. Und man dachte man hätte hier schon alles miterlebt. *kotz*

  12. Martin

    Auch wenn es wohl zu erwarten war – es trifft.
    Was eine Schande.
    Daum wird ihn (leider) nominieren (genau wie Gekas), dem fällt sonst wahrscheinlich auch nix Neues mehr ein…
    Ochsenbraten.
    Schmeckt mir auch nicht mehr.
    Sehr spassfreie Tage.

    Gruß von der Bergstrasse

  13. Bernemer

    Ich glaube nicht, dass Daum dem Spieler das zumuten wird. Ochs müßte schon spielen wie Messi und trotzdem würde er immer wieder Pfiffe hören.

  14. Fritsch

    Was soll man dazu denn noch sagen außer schöne Scheiße? Ich kann gar nicht soviel trinken, wie ich müsste, um das alles auszuhalten.

    Viele Grüße & weiterhin sichere Straßen,
    Fritsch.

  15. Mark

    Gott sei Dank kann ich morgen nicht ins Stadion, so wird mir diese Entscheidung, ob ich gehen soll, schon mal abgenommen.

    Spielerbashing? Mir tun schwächere auf denen rumgehackt wird, grundsätzlich immer leid, da sie sich nicht wehren können und meist zu unrecht gebäht werden. Gerade Köhler und Meier kommen mir da in den Sinn. Wenn aber morgen das ganze Stadion pfeift, dann hoffentlich so laut, dass es bis WOB zu hören ist. Vielleicht kein Wunder das viele Spieler nicht mehr voll mitziehen, in dem Wissen, dass sich solche charaktervollen Spieler unter ihnen
    befinden und sogar von ihnen angeführt werden.

    Für euch hoffe ich morgen, dass ihr den Anblick nicht mehr ertragen müsst!

  16. Beve

    so, der countdown läuft. ich nehme meine neffen nicht mit. will ihm den frust und eine niederlage mit allen konsequenzen nicht zumuten. und auf einen sieg darf man hoffen, er ist aber nicht zwingend.

    jo, es geht schlimmer. immer noch schlimmer. siehe bielefeld. aber wir sind nicht bielefeld :-)

  17. Holz

    Die absolut richtige Entscheidung, dass Du Deinen Neffen nicht mit genommen hast. Das gleiche habe ich mit meinem Sohn gemacht. Daheim bleiben! Ich habe zwei Jungs in der Nähe meines Platzes gesehen, die jämmerlich geheult haben, bereits ab dem Ende der 1.HZ.
    Das hat mich mehr mitgenommen als alles andere. Es hat mich auch derart wütend gemacht, dass ich sogar für die Ereignisse nach Spielschluss ein gewisses Verständnis aufbringen kann. Vielleicht sehe ich das morgen früh anders, aber momentan nach einigen Bieren kann ich nur meine ehrlichen Gedanken mitteilen.
    Diese Truppe kotzt mich derart an, dass ich es kaum ausdrücken kann. Am Samstag steigen die als Absteiger in den luxoriösen Bus, ohne irgendwie belästigt zu werden, steigen in Ffm. wieder aus, setzen sich in den Flieger, um drei Wochen im Robinson-Club zu entspannen und fangen zu 70% wieder in einigen Wochen in der 1.Liga an.

  18. Mark

    Richtige Entscheidund den Kids das zu ersparen, wobei Freud und Leid ja irgendwie auch zusammen gehören. Jedoch was die Eintracht zur Zeit auf allen Ebenen bietet macht mich nur sprachlos und traurig.

    Heute morgen habe ich lange mit meinem Vater gesprochen, 71 Jahre und eher ein ruhiger Vertreter. Selbst er hatte Verständnis für die Geschehnisse nach dem Spiel. Das macht mich noch mehr betroffen, wie es dieser Haufen in nur 4 Monaten die Fans gegen sich aufzubringen. Egal ob jung oder alt, ob Ultra oder Business. Bis dies wieder verheilt ist wird wohl sehr lange dauern und die Narbe wird immer sichtbar bleiben.

  19. Beve

    da habt ihr recht. viel deprimierender geht nicht. aber es ist nur fußball. und gut, dass der bub nicht dabei war.

    schöne scheiße

    beve

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