Ein Sammelsurium aus dem angebrochenen Leben

Bembelberlin 2006

Da war ja wieder was los. Erst besuchten Ioannis Amanatidis, Gerre und Christoph Preuss das Museum und erzählten von den schönen aber sportlich unglücklichen Tagen in Berlin 2006, dann vergeigte der FSV sein Heimspiel gegen Kaiserslautern.

Zwischendrin hieß es Darmstadtverbot für Frankfurter, was jedoch dank der großartigen Initiative seitens des Fanclubverbandes wieder gekippt wurde. Kaum war dies durch, schlug die U19 die Bayern mit 2:0 und sicherte sich den Klassenerhalt. Und die Krönung dann der Auswärtssieg der SGE in Darmstadt. Doch der Reihe nach. Reisen wir also zunächst nach Berlin.

10 Jahre ist es schon wieder her, dass Eintracht Frankfurt nach langen Jahren wieder einmal das Pokalfinale in Berlin erreichte. Und für die Fans sollten es tolle Tage werden. Zwar hieß der Gegner Bayern München, doch schon vor Anpfiff war klar, dass selbst bei einer Niederlage der Einzug ins internationale Geschäft geschafft war, da die Bayern wie stets schon für die Championsleague qualifiziert waren. Der Weg ins Finale war ein holpriger. Nach dem knappen Sieg in Oberhausen (2:1) wurde zwar Schalke mit 6:0 geschlagen, doch schon gegen Nürnberg hing der Sieg an einem seidenen Faden, erst im Elfmeterschießen konnte die Eintracht den Club bezwingen. Christoph Preuss, heute Teammanager der SGE konnte wie schon zwei Jahre zuvor beim OFC seinen Elfer verwandeln.

Der nächste Sieg bei 1860 München, der erste Auftritt in der neuen Allianz-Arena fiel unter die Kategorie Pflichtsieg, die damals wie heute zweitklassigen Löwen hatten der Eintracht wenig entgegenzusetzen, mit dem 3:1 stand die Eintracht im Halbfinale, genau wie St Pauli, Bayern und St. Pauli. Das Losglück bescherte uns ein Heimspiel gegen die Arminia, gegen die das Punktspiel eine Woche zuvor mit 1:0 verloren wurde. Die Heimkurve der Eintracht wies mit einer Choreographie auf die Option „Europa“ hin, Amanatidis erzielte das frühe 1:0 während Preuss wegen Rückenproblemen sowohl das Halbfinale als auch das Endspiel verpassen sollte, welches die Eintracht tatsächlich auch erreichte – erstmals seit 1988 und Detaris tollem Freistoß gegen Bochum. Da die Bayern St. Pauli mit 3:0 schlugen, war durch die Finalteilnahme das Ticket nach Europa ebenso gelöst wie die Stimmung unter den Fans.

Aufgrund der bevorstehenden WM 2006 wurde das Finale nicht wie meist üblich am Saisonende ausgetragen, drei Spiele standen anschließend noch an – und da die Eintracht den Klassenerhalt noch nicht geschafft hatte konnte das Finale nicht den Spannungshöhepunkt des Jahres bedeuten. Immerhin reisten die Adler mit einem 2:0 Auswärtssieg beim VfB Stuttgart nach Berlin.

Schon Tage vor dem Finale trudelten die ersten Fans ein, die in der zur Bembelbar umfunktionierten Kneipe „Zum Franziskaner“ in Kreuzberg eine mehrtägige Heimat finden sollten. Als sich anbahnte, dass Tausende die Kneipe belagern würden, konnte nach zähen Verhandlungen erreicht werden, dass die Straße für Fahrzeuge gesperrt wurde und die Fans schon weit vor dem Spieltag die Nacht zum Tage machten, mit Äbbelwoi und munteren Gesängen. Mit einem Megaphon hielt Donna die Leute nachts um drei in Schach, auf dass die Nachbarn nicht durchdrehen. Und die Besitzer der umliegenden Kneipen machten das Geschäft ihres Lebens, wobei der Einfachheit halber Bier aus dem Kofferraum verkauft wurde und Allah gnädig ein Äuglein zu drückte.

Davon hatte die Mannschaft nichts mitbekommen, die sich einige Kilometer entfernt auf die Partie vorbereitete. Die Spieler aber, die nicht im Kader waren, logierten mit den Verantwortlichen wiederum in einem anderen Hotel. Unter anderem musste die Eintracht im Finale auf Chris, Jones und Preuss verzichten. Nicht jedoch auf Tankard, die ihren schon 1999 aufgenommenen Song „Schwarz weiß wie Schnee“ auf der Tartanbahn performen sollten. Eine hervorragende Idee von Philipp Reschke seitens der Eintracht, der später Blut und Wasser schwitzen sollte, ob sich Gerre und Co auch benehmen würden, man kennt ja seine Pappenheimer. Während die Bayern also das übliche bajuwarische Schlagergedöns über die Boxen jagten, sorgte der Auftritt von Tankard für einen sensationellen Moment im Berliner Olympiastadion. 25.000 in schwarz rot gehüllte Eintrachtler zelebrierten den Auftritt von Tankard und ließen das Stadion schon vor Anpfiff explodieren – ein Moment für die Ewigkeit. Für die Band, aber auch für uns.

Eintracht Frankfurt spielte in weißen Trikots – so wie sie allen siegreichen Finalspielen zuvor in Weiß aufgelaufen war. Da vor dem Spiel stets einer der beiden Vereine als Ausrichter definiert wird und die Bayern keine Lust auf diese Arbeit hatten, fiel dieser Part der Eintracht zu – und so konnten sie auch die Wahl der Trikots bestimmen … dachten sie. Denn als durchdrang, dass Eintracht Frankfurt in Weiß zu spielen gedachte, legten die Bayern ob eines Vertrages mit adidas ihr Veto ein, welches vom DFB auch beinahe durchgewunken wurde, man kennt sich halt. Letztlich sollte ein Münzwurf entscheiden, Adler oder Zahl hieß es und da die Eintracht als Ausrichter wenigstens dies entscheiden konnte, lag die Wahl nahe. Adler natürlich. Die Münze flog, der Adler landete obenauf – und somit konnte die SGE trotz maulender Bayern in weißen Trikots auflaufen.

Doch mit dem Titelgewinn sollte es diesmal nichts werden, zwar hielten die wackeren Frankfurter tapfer die Stellung, doch als nach dem Wechsel der Druck der Bayern stärker wurde, fiel das Tor des Tages durch Pizarro, der ja heute genau wie Marco Russ und Alex Meier noch immer trifft. Schiedsrichter Fandel und Oliver Kahn hielten den Sieg fest. Ersterer weil er einen klaren Freistoß und die fällige rote Karte gegen Sagnol nach einem Foul an Köhler nicht gab, letzterer weil er einen Schuss von Amanatidis hielt, der eigentlich nicht zu halten war. Somit wurden die Bayern zum 13. Male Pokalsieger, die Eintracht zog nach Europa ein, wobei es für die Spieler, die nicht im Kader waren noch nicht einmal eine Medaille gab.

Letztlich endete die Saison auch in der Liga versöhnlich, nach einem 2:2 gegen den 1. FC Kaiserslautern sicherte Du Ri Cha mit seinem Hammertor in Dortmund einen Spieltag vor Saisonende auch den Klassenerhalt.

2 Kommentare

  1. Kid

    Es war schön, Ama und Christoph wiederzusehen und zu hören! Und der Satz „Allah drückt heute ein Auge zu“, mit dem Holger seine Erinnerungen an die Berliner Bembelbar schloß, war einer der Höhepunkte eines kurzweiligen Abends. Gerre und Philipp Reschke verdienen dabei ein Sonderlob. Die beiden waren klasse. Mit Reschke würde sich mal eine eigene Veranstaltung im Museum anbieten. Der Mann erzählt so locker und unterhaltsam, das ist eine Wucht.
    PS: Hast du gut gemacht, Beve. Wie immer. :-)

  2. Beve

    Danke, geb mir Mühe. Und wenn Fußballer staatstragend sind, müssen es halt Gerre und Philipp rausreißen :-)

Schreibe eine Antwort zu BeveAntwort abbrechen

© 2024 Beves Welt

Theme von Anders NorénHoch ↑