Nebel steigt über dem Schwarzwald auf, ein Flutlicht gleißt in den regennassen Tag, die Anzeigetafel leuchtet, verkündet einen 2:0 Auswärtssieg der Frankfurter Eintracht beim SC Freiburg, den die wenigsten für möglich gehalten hatten. Die latent knisternde Stimmung nach den Niederlagen gegen die Bayern und in Ulm wandelte sich in Erleichterung, der Absturz der SGE ist vorerst abgewendet. Durchatmen.

Schon am Donnerstagmorgen brachen wir auf, die Pia, der Dacia und ich. Anders als sonst nahmen wir diesmal nicht den Weg über die Schwarzwaldhochstraße, sondern fuhren bis Offenburg durch – und scherten dann aus Richtung Gengenbach. Im besten Falle sind Auswärtsspiele ja kleine Urlaube, Gengenbach bietet einen pittoreske Altstadtkulisse mit bunten Häusern, einem fantastischem Eiscafé und seniorengerechten Geschäften. Passend dazu parken drei Isettas am Straßenrand. Die Kinzig mäandert gemächlich Richtung Rhein, die Höhen des Schwarzwaldes locken den Wandersmann, so recht wie gemalt. Über Steinach und Freiamt rollen wir wenig später Richtung Emmendingen, musikalisch begleiten uns diesmal Eroc, Tocotronic, The Frank and Walters und die Stranglers. Noch am Abend zuvor stand die Reise jedoch auf der Kippe, der Dacia wollte partout nicht anspringen – dank ADAC und neuer Batterie konnte das Problem aber noch zeitnah gelöst werden. Irgendwas ist ja immer.

Gegen drei trafen wir wohlbehalten in Emmendingen ein, ihr wisst ja: Freiburg heißt für uns ja immer Besuch bei Freunden in dieser kleinen Kreisstadt am Fuße des Schwarzwaldes, die für uns stets ein offenes Haus haben. Bis zum Sonntag wollten wir bleiben – und so kam es dann auch. Nach den vielen heißen Tagen kündigten sich die Vorboten des Herbstes an, dazu gehört Regen, die älteren werden noch wissen, was das ist. Und da schon für Freitag heftiger Regen gemeldet war, tummelten sich in unserem Gepäck mehr Klamotten als für einen dreiwöchigen Thailand Urlaub.

Ob des dräuenden Regens starten wir am Freitag auch unseren Ausflug ins Glottertal schon recht früh, wer wandert schon gerne durch strömendes Wasser? Und wer hat seine Speicherkarte vergessen? Kurz hinter dem Beginn des Glottertals biegt eine Landstraße ins Föhrental ab und endet bei einigen Höfen. Von dort führen Wanderrouten rund um das Tal, mit leichten Anstiegen, fantastischen Ausblicken über die Rheinebene bis hin zum Kandel, hinweg über Weiden, Grillplätzen auf der Höhe und Holzschleifwegen, die uns nach drei Stunden wieder Richtung Parkplatz führen. Wolkenverhangen der Schwarzwald. Kaum sitzen wir wieder im Auto, beginnt es zu tröpfeln, wir tuckern durchs Glottertal – dort, wo einst die Schwarzwaldklinik die Augen der bundesdeutschen Fernsehwelt in die vermeintliche Heimat von Doktor Brinkmann, Schwester Christa und Pfleger Mischa lockten. Sascha Hehn springt hier wahrscheinlich noch immer aus seinem weißen Golf Cabrio, dem sogenannten Erdbeerkörbchen und beeindruckt die Damenwelt.

Weiter hinten in St. Peter halten wir für eine kleine Pause, in rechter Nähe hören wir Worte über einen Lautsprecher, an uns rollt ein Adenauer Benz vorbei. Kurz darauf stellen wir fest, dass beides zusammenhängt. Weitere Oldtimer passieren uns – und werden vom Mann am Mikro sachkundig vorgestellt, die Porsche 356, die Pagode, die Göttliche, die Giulia, der Schneewittchensarg. Sogar ein Cadillac Sedan deVille der zweiten Generation pluggert an uns vorbei. Sieben Liter Hubraum, sechs Meter Länge, Heckflossen. Eine Reminiszenz an vergangene Zeiten ist sie schon, die Schwarzwald Classic Tour, die hier an uns vorbeizieht. Hochglanzpolierte Oldies, die Herren meist am Steuer, die Damen keck behütet. Das letzte Fahrzeug ist ein roter Dacia Kombi mit einer Delle in der Hecktür. Das sind wir. Abends schüttet es wie aus Eimern, wir sitzen trocken unter einem Scheunendach und grillen.

Matchday, die Eintracht spielt beim SC Freiburg, die Bahn in Emmendingen erreicht den Bahnhof 30 Minuten nach der planmäßigen Ankunft. 30 sinnlose Minuten der Warterei – und als sie ankommt ist sie proppenvoll. Eingepackt in Regenjacken quetschen wir uns in den Zug, ein Reisender unterhält die Mitfahrer mit Ansagen, die gnadenlos ignoriert werden (Gehn se doch mal weiter nach oben) und nach knapp 20 Minuten halten wir nach Denzlingen und FR-Herdern auch am Bahnhof. Wir schlüpfen durch den Bahnhof, wandern vor zur Straßenbahn und warten erneut. Da die UF im gleichen Zug war und nun von der Polizei eskortiert zum Stadion marschiert, dauert es ein paar Minuten, bis die Bahnen kommen, gleichfalls proppenvoll. Grischa steigt zu und gemeinsam rasseln wir hoch zum Schwarzwaldstadion, nehmen am Kiosk Tintenklecks noch ein Tannenzäpfle und wandern zum Eingang. an den Bussen überall ein großes Hallo, wir verschwätzen die Zeit und bereiten uns gedanklich schon darauf vor, das Spiel in der angrenzenden Kneipe zu schauen. Traditionell bestraft der Gästeblock den Zuspätkommenden mit einer miserablen Sicht von den Stehplätzen, aber diesmal ist alles anders. Der Einlass ist erschreckend problemlos, und wir sehen von oben sogar das Spielfeld. Also fast alles, das Tor auf unserer Seite ist wie immer verdeckt, ebenso die Ecken – aber immerhin.

Auf der anderen Seite, über der Heimkurve, erhebt sich wie stets der Schwarzwald, Flutlichtmasten ragen in die Höhe, ein wunderbares Fußballbild. Auch bald Geschichte, wenn das neue Stadion erbaut ist. Die Freiburger präsentieren eine Choreo, die Eintracht aber präsentiert eine Truppe auf dem Platz, die so niemand auf dem Schirm hatte. Tawatha spielt von Beginn an, ebenso wie Neuzugang Evan N´Dicka. Hasebe und Abraham sind verletzt raus, Russ auf der Bank – na das kann ja heiter werden. Und schon nach wenigen Minuten fliegen die Bälle Torhüter Rönnow um die Ohren. Aber die Eintracht befreit sich, und Müller macht tatsächlich das 1:0 für die magische SGE. Jubel. Die Stimmung in der Kurve ist recht gelöst, das Spiel wogt hin und her, N´Dicka macht seine Sache gut – und die Abwehr wackelt, aber sie hält dicht. Da sich in der zweiten Hälfte ein gleiches Bild zeigt, die Freiburger fahrlässig mit ihren Chancen umgehen und Haller kurz vor dem Ende noch das 2:0 macht, fährt die Eintracht doch recht überraschend im ersten Spiel den ersten Sieg ein – neun Jahre nach dem letzten Auswärtssieg in Freiburg. Ein Törchen mehr, hätte die Tabellenführung bedeutet – aber das wäre wohl des Guten zuviel gewesen.

Nach Abpfiff bekommen von Ernst noch ein Bierchen in die Hand gedrückt und wandern wir noch rüber in die Heimkurve, die sich rasch geleert hat. Dort besuchen Achim, mit dem ich schon vor 20 Jahren hier Spiele besucht habe. Noch rasch ein Aufkleber verbabbt, ein Schöppchen im Fanhaus genommen und beschwingt sitzen wir wieder in der Straßenbahn. Dem Abendessen beim Thai folgt die kurze Bahnfahrt nach Emmendingen und alsbald liege ich in der Koje und schlafe den Schlaf des Gerechten.

Der nächste Morgen bringt schon früh die Heimreise, am Abend wartet noch das Museumsuferfest in Frankfurt auf uns, Museumsstand will betreut und abgebaut werden. Wir rollen schnurstracks auf die A5, bis kurz vor Karlsruhe geht es gut, dann wird es ob der vielen Baustellen recht holprig, mühsam schieben wir uns von Stau zu Stäuchen – aber irgendwann landen wir auch wieder in Frankfurt, überqueren den Main und sind wieder Zuhause. Mit drei Punkten im Gepäck. Das ist doch was.